Testamentsvollstreckung[6] ist eine sehr anspruchsvolle Dienstleistung. Sie erfordert Verantwortungsbewusstsein, Durchsetzungsvermögen sowie wirtschaftlichen und rechtlichen Sachverstand. Soweit entsprechende Kenntnisse fehlen, hat sich der Testamentsvollstrecker diese zu verschaffen, und zwar ggf. auf Kosten des Nachlasses.[7] Es steht daher außer Frage, dass eine derart verantwortungsvolle Tätigkeit grundsätzlich zu vergüten ist. Die gesetzliche Regelung dazu ist kurz und einfach. § 2221 BGB bestimmt:

Zitat

Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat.

[6] Rott/Kornau/Zimmermann, Praxishandbuch Testamentsvollstreckung, 3. Aufl. 2022 § 14 Rn 1 m.w.N.
[7] BGH, Urt. v. 11.11.2004 – I ZR 213/01, ZEV 2005, 122–123 für die Hinzuziehung rechtlichen Sachverstands.

1. Ausgangspunkt der Rechtsprechung

Eben weil die Regelung so kurz ist, kommt es in der Praxis immer wieder zu vehementen Streitigkeiten.[8] Der Testamentsvollstrecker fühlt sich für seine Tätigkeit häufig nicht ausreichend vergütet, die Erben hingegen meinen, der Nachlass werde über Gebühr belastet.[9]

Die Rechtsprechung greift zur Entscheidung solcher Meinungsverschiedenheiten auf eine Formel zurück, die der BGH bereits vor mittlerweile über 60 Jahren entwickelt hat:[10]

Zitat

"Maßgebend ist der Pflichtenkreis, der dem Testamentsvollstrecker im Rahmen der Verfügung von Todes wegen nach dem Gesetz obliegt, der Umfang seiner Verantwortung und die von ihm geleistete Arbeit, wobei die Schwierigkeit der gelösten Aufgaben, die Dauer der Abwicklung oder Verwaltung, die Verwertung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen wie auch die Bewährung einer sich im Erfolg auswirkenden Geschicklichkeit zu berücksichtigen sind."

[8] Lieb, Die Vergütung des Testamentsvollstreckers, Rn 2 weist auf den generalklauselartigen Charakter der Vorschrift hin und merkt an, dass das Gesetz den Rechtsanwender in vielen Einzelfragen im Stich lässt.
[9] Exemplarisch sei auf LG Köln, Urt. v. 26.9.2006 – 18 O 140/05, RNotZ 2007, 40–46, verwiesen: Der Testamentsvollstrecker forderte eine Vergütung i.H.v. 317.956 EUR, die Erben hielten 40.000 EUR für angemessen, das LG Köln (bestätigt durch OLG Köln – 2 U 126/06) erkannte auf 205.366 EUR, alle Beträge einschließlich Umsatzsteuer.
[10] Hier zitiert nach BGH, Beschl. v. 27.10.2004 – IV ZR 243/03, FamRZ 2005, 207; zuvor inhaltsgleich bereits BGH, Urt. v. 28.11.1962 – V ZR 225/60, NJW 1963, 487.

2. Pauschalhonorar als Lösung?

Fragt man sich angesichts dieser erkennbar auf die Besonderheiten des Einzelfalls abstellenden Abwägungsformel, ob ein Pauschalhonorar eine angemessene Vergütung i.S.d. § 2221 BGB darstellen kann, um Streitigkeiten zu vermeiden, wird man das grundsätzlich verneinen müssen.

Ein Pauschalhonorar wird den differenzierenden Kriterien der Rechtsprechung des BGH nicht gerecht. Zwar ist im Einzelfall nicht ausgeschlossen, dass ein vom Erblasser angeordneter oder von einem Testamentsvollstrecker, auf entsprechender vom Erblasser geschaffenen Basis, pauschal abgerechneter Betrag unter Berücksichtigung der Kriterien der Rechtsprechung einmal eine angemessene Vergütung i.S.d. Gesetzes darstellen kann, aber das dürfte dann eher Zufall sein als Ergebnis einer der Sache angemessenen Abwägungsentscheidung.

3. Zeitvergütung oder Erfolgshonorar als Alternativen?

Die Nachteile von Pauschalvergütungen, seien sie durch Gegenstandswerte oder durch Festbeträge bestimmt, zeigen sich immer dann, wenn entweder der investierte Zeitaufwand gering und die Pauschalvergütung hoch ist oder umgekehrt die Pauschale angesichts des notwendigen Zeitaufwands unangemessen hoch. Wohl auch deshalb findet die Zeitvergütung für den Testamentsvollstrecker vermehrt Anhänger.[11]

Vor dem Hintergrund der Lockerung des Verbots der Vereinbarung erfolgsabhängiger Vergütungen insbesondere bei Rechtsanwälten und Steuerberatern wurde auf dem 1. Deutschen Testamentsvollstreckertag der AGT am 29.11.2007 u.a. die Möglichkeit eines Erfolgshonorars für Testamentsvollstrecker diskutiert. Auch der BGH hat den Erfolg bei seinen Grundkriterien erwähnt.[12] Allerdings ist schon eine Antwort auf die Frage, wie sich der Erfolg eines Testamentsvollstreckers überhaupt bemessen lässt, nicht generell möglich. Zudem stellt sich die Frage, ob ein Erfolgshonorar mit dem Grundsatz der Verantwortungsvergütung überhaupt vereinbar ist. Aus unserer Sicht im Einzelfall durchaus denkbar ist ein Erfolgshonorar, aber als Zusatzkomponente zu einer Grundvergütung, und zwar in Fällen, in denen es messbare Erfolgsfaktoren für den Testamentsvollstrecker gibt oder zumindest aus der Sicht des Testierenden geben soll.[13]

[11] Ausführlich Schiffer/Rott, in: Schiffer/Rott/Pruns (Hrsg.), Die Vergütung des Testamentsvollstreckers, 2. Aufl. 2022, § 7; Kraft, ZEV 2019, 678 ff.; zuvor bereits Zimmermann, ZEV 2001, 334–340 sowie OLG Köln, Urt. v. 12.7.1988 – 22 U 186/87. Umfragen der AGT zeigen, dass 56 % der im Jahr 2021 befragten Testamentsvollstrecker der Zeitvergütung positiv gegenüberstehen, vgl. Rott/Kornau/Zimmermann, Praxishandbuch Testamen...

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