Dem Wortlaut nach sind Geschäfte genehmigungsbedürftig, die auf das Eingehen eines Gesellschaftsvertrags gerichtet sind. Der Wortlaut schränkt nicht ein, auf welche Weise bzw. zu welchem Zeitpunkt ein Minderjähriger Gesellschafter wird. Dennoch wird regelmäßig davon ausgegangen, dass der Wortlaut den "Abschluss" eines Gesellschaftsvertrages erfordere.[35] Der dadurch erzeugte Begründungsaufwand kann vermieden werden, wenn man sich vor Augen führt, dass der Neuabschluss nur eine Form der Eingehung eines Gesellschaftsvertrages darstellt.

Der Duden definiert das Verb "eingehen" unter anderem als:

"sich [vertraglich (sic!)] an etwas binden, auf etwas einlassen"[36]

Auch beim derivativen Anteilserwerb bindet sich der (Neu-) Gesellschafter an den Gesellschaftsvertrag.[37] Ob der derivative Erwerb auch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages darstellt[38] oder es einer analogen Anwendung der Vorschrift bedarf,[39] ist dem Wortlaut nach deshalb nicht erheblich. Fest steht, dass sich der Minderjährige mit dem Erwerb der gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaft dem Regelungsregime des Gesellschaftsvertrags unterwirft und damit an einen Gesellschaftsvertrag bindet.

Teilweise[40] wird auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs[41] verwiesen, nach der die schenkweise Übertragung von GmbH-Anteilen nicht gemäß § 1822 Nr. 3 BGB genehmigungsbedürftig ist. Als Begründung führte der BGH an, dass das Risiko der persönlichen Haftung des Minderjährigen beim derivativen Anteilserwerb bei Weitem nicht dem bei der Gründung einer GmbH entspreche.[42] Für eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die KG spreche, dass beim Erwerb eines voll eingezahlten Kommanditanteils für den Minderjährigen ebenso wenig Risiken bestünden wie beim Erwerb eines GmbH-Anteils.[43] Beim derivativen Erwerb von Kapitalgesellschaftsanteilen ist aber – unabhängig von der Ausgestaltung im Einzelfall – eine Haftung des eintretenden Gesellschafters grundsätzlich[44] ausgeschlossen. Dem Gläubiger der Gesellschaft haftet allein das Gesellschaftsvermögen.[45] Anders verhält es sich nach dem gesetzlichen Regelfall beim Eintritt eines Kommanditisten. Gemäß § 176 Abs. 2 HGB haftet dieser für den Zeitraum zwischen Eintritt und Eintragung im Handelsregister. Die (umfassende) Haftungsbegrenzung gelingt nur, wenn die Einlage voll geleistet, der Eintritt in die Gesellschaft aufschiebend auf die Eintragung im Handelsregister bedingt ist und der austretende Gesellschafter keine Abfindung erhält. Es kommt bei der Anteilsübertragung an Kommanditgesellschaften also auf das Zusammentreffen einer Mehrzahl an Voraussetzungen an, um Haftungsrisiken auszuschließen. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zum Kapitalgesellschaftsrecht (und nicht in der grundsätzlich freien Übertragbarkeit von Kapitalgesellschaftsanteilen, im Gegensatz zum Zustimmungsbedürfnis bei Personengesellschaftsanteilen[46]).

Zudem: Über die Anwendbarkeit der §§ 1821 f. BGB ist abstrakt-formal[47] zu entscheiden. Es kann deshalb nur das abstrakt-formale Risiko eines Geschäfts entscheidend sein. Die Umstände des Einzelfalls sind für die Entscheidung über die Anwendung der §§ 1821 f. BGB nicht maßgeblich. Diese finden erst bei der Genehmigungsfähigkeit des Geschäfts Berücksichtigung (siehe unten B. III. 2.).

[35] Z.B. MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, 8. Auflage 2020, § 1822 Rn 23; OLG Oldenburg, Beschl. v. 17.7.2019 – 12 W 53/19, ZEV 2019, 726, 728 (Rn 14); OLG Brandenburg, Beschl. v. 5.6.2018 – 7 W 52/17, BeckRS 2018, 51272 Rn 5 (Beck).
[37] MüKoHGB/Schmidt, 4. Auflage 2016, § 105 Rn 222.
[40] Bock, DNotZ 2020, 643, 650 f.; van de Loo/Strnad, ZEV 2018, 617, 621 fordern eine "Mindestgeltung"; Menzel/Wolf, MittBayNot 2010, 186, 188.
[43] Bock, DNotZ 2020, 643, 650 f.; van de Loo/Strnad, ZEV 2018, 617, 621; Menzel/Wolf, MittBayNot 2010, 186, 188.
[44] Der unübliche Fall der Ausfallhaftung (§ 24 GmbHG) oder Erstattungsforderungen gemäß § 31 GmbHG bedarf hinzutretender Umstände. Hier wäre, wenn dann auch § 1822 Nr. 10 BGB einschlägig, vgl. BGH, Urt. v. 20.2.1989 – II ZR 148/88, BGHZ 107, 24 ff., Rn 13 (juris).
[47] BGH, Urt. v. 20.9.1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 = NJW 1962, 2344, 2345; BGH, Urt. v. 22.9.1969 – II ZR 144/68, BGHZ 52, 316, Rn 11 (juris); MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, 8. Auflage 2020, § 1821 Rn 6 m.w.N.

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