1. Die Beschwerde ist zwar zulässig, aber im Ergebnis unbegründet.

a) Auch wenn das Nachlassgericht dies nicht ausdrücklich erklärt hat, ist dem Beschluss bei verständiger Auslegung zu entnehmen, dass das Gericht nicht nur den Erbscheinsantrag zurückgewiesen, sondern die hiermit zugleich wieder aufgenommene Anregung auf Einziehung des bereits erteilten, anderslautenden Erbscheins abgelehnt hat. Dies ergibt sich daraus, dass das Nachlassgericht sich nicht darauf beschränkt hat, auszuführen, weshalb seiner Ansicht nach die beantragte Erbfolge nicht zutreffend sei, sondern zugleich seiner Auffassung Ausdruck verliehen hat, der hiervon abweichende, bereits erteilte Erbschein entspreche der Rechtslage.

b) (...)

c) In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Nachlassgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, die Beteiligte zu 2) sei von der Erbfolge ausgeschlossen. Zutreffend ist daher, dass die Beteiligte zu 3) Erbe des Erblassers zu 1/2 und die Beteiligten zu 1) und 4) Erben zu jeweils 1/4 geworden sind, woraus sich zugleich die Richtigkeit des Erbscheins vom 3. Januar 2008 ergibt. Das Nachlassgericht war entsprechend auch nicht anzuweisen, den beantragten Erbschein zu erteilen und den bereits erteilten Erbschein gemäß § 2361 BGB wegen Unrichtigkeit einzuziehen.

aa) Der von dem Beteiligten zu 1) beantragte Erbschein ist nicht bereits deshalb zu erteilen, weil der Beteiligte zu 1) gegen die Beteiligte zu 2) ein rechtskräftiges Versäumnisurteil erwirkt hat, worin festgestellt worden ist, dass die Beteiligte zu 3) Erbin zu 1/2 und die Beteiligten zu 1), 3) und 4) Erben zu jeweils 1/6 geworden sind. Zwar entfaltet ein zivilgerichtliches Feststellungsurteil präjudizielle Rechtskraft für das Erbscheinverfahren und vermag das Nachlassgericht bei seiner Entscheidung zu binden (vgl. OLG Frankfurt am Main ZEV 2016, 275; OLG München NJW 2016, 2512; Palandt/Weidlich, BGB, 78. Aufl., § 2353 Rn 77). Dies gilt auch, wenn es sich dabei um ein Versäumnisurteil handelt (vgl. OLG Frankfurt am Main ZEV 2016, 275; kritisch MüKoBGB/J. Mayer, 6. Aufl., § 2359 Rn 38; Zimmermann ZEV 2010, 457, 461). Die präjudizielle Rechtskraft findet aber nur in den Grenzen der subjektiven und objektiven Rechtskraft des Urteils statt. Kommt neben den beiden Prozessparteien noch eine andere Person als Erbe in Betracht, so ist das Nachlassgericht diesem gegenüber in seiner Beurteilung der Rechtslage frei. Es muss die Rechtsstellung des Dritten auch dann berücksichtigen, wenn dieser sich am Erbscheinverfahren selbst nicht beteiligt, und deshalb dem Prozesssieger den Erbschein verweigern, wenn es den Dritten als Erben ansieht oder auch nur das Erbrecht des Prozesssiegers gegenüber dem Dritten nicht für zweifelsfrei bewiesen hält (vgl. MüKoBGB/J. Mayer, 6. Aufl., § 2359 Rn 39).

Entsprechendes gilt, wenn – wie vorliegend – der beantragte Erbschein das Erbrecht eines Dritten entgegen der objektiven Rechtslage einschränkt. Dies findet seine Ursache darin, dass durch das zivilrechtliche Urteil die Rechtslage nicht gestaltet wird, sondern nur aufgrund einer prozessrechtlich wirkenden Bindung eine abweichende neue gerichtliche Entscheidung zwischen den am Zivilprozess beteiligten Parteien ausschließt (vgl. MüKoBGB/J. Mayer, 6. Aufl., § 2359 Rn 39; Zimmermann ZEV 2010, 457, 458; Adam ZEV 2016, 233, 234). Diese Bindungswirkung entfaltet das Urteil aber nur zwischen den zivilrechtlichen Prozessparteien (vgl. Adam ZEV 2016, 233, 234 mwN). Andernfalls wären an dem Prozess nicht beteiligte Dritte in ihren Rechten durch das Urteil eingeschränkt, ohne dass sie die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Rechte wahrzunehmen, und ohne dass durch das Urteil die wahre Rechtslage sich geändert hätte (im Ergebnis ebenso Zimmermann ZEV 2010, 457, 461). In der Konstellation einer Drittbeteiligung kommt regelmäßig wieder der in § 352 e FamFG zum Ausdruck gebrachte Grundsatz zum Tragen, wonach die Erbscheinserteilung allein auf der freien richterlichen Überzeugungsbildung zu beruhen hat (vgl. für die Vorgängervorschrift Zimmermann ZEV 2010, 457, 461).

Vorliegend war der Beteiligte zu 4) an dem Zivilprozess nicht beteiligt. Gleichzeitig würde die Erteilung des Erbscheins den Feststellungen des Prozessgerichts folgend eine Einschränkung seines Erbrechts nach sich ziehen, da in dem Versäumnisurteil ein Erbanteil des Beteiligten zu 4) von 1/6 ausgeurteilt worden ist, in dem erteilten Erbschein hingegen ein Erbrecht von 1/4 ausgewiesen worden ist. Zwar führt dieser Ansatz letztlich dazu, dass der Beteiligte zu 1) auch gegenüber der Beteiligten zu 2) seine prozessrechtlich erstrittene Feststellung nicht durchsetzen kann. Immerhin wurde ihr gegenüber rechtskräftig und damit grundsätzlich bindend festgestellt, dass ihr Erbteil 1/6 beträgt, wohingegen der gegebenenfalls einzuziehende Erbschein keine Erbenstellung von ihr ausweist. Doch könnte andernfalls trotz seiner Bedeutung für den Rechtsverkehr überhaupt kein Erbschein ausgestellt werden. Gleichzeitig ist dieser Nachteil für den ...

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