Das KG Berlin geht zwar auf die mutmaßliche Einwilligung ein, legt bei ihrer Prüfung aber den falschen Abwägungsmaßstab an. Nach dem KG Berlin (Rn 109) soll "das ... anzunehmende Fehlen eines Schutzinteresses an dem in Anspruch genommenen Gut" entscheidend für die Rechtfertigung sein. Von dem Fehlen eines Schutzinteresses der Kommunikationspartner im Fall der elektronischen Kommunikation und speziell bei der Kommunikation bei Facebook könne im Erbfall aber nicht ausgegangen werden. So sei es bspw. bereits im Fall einer geschäftlicher Kommunikationen nicht ausgemacht, dass die jeweiligen Geschäftspartner mutmaßlich mit der Kenntnisnahme durch die Erben einverstanden seien. Es sei fraglich, so das KG Berlin (Rn 109), "warum z. B. für abgeschlossene Geschäftsvorgänge oder für den Geschäftspartner nachteilige Geschäftsvorgänge ein überwiegendes Interesse des Geschäftspartners an einem Zugang der Erben zum E-Mail-Account gegeben sein soll."

Für den Fall der privaten Kommunikation kommt das KG Berlin sodann zu der folgenden Wertung: "Warum im Falle des Todes des Kommunikationspartners kein Interesse mehr an den Schutzwirkungen des Fernmeldegeheimnisses gerade betreffend höchstpersönlicher Inhalte mehr gegeben und somit von einer mutmaßlichen Einwilligung in die Zugangsgewährung für die Erben aus eigenem Interesse bestehen sein soll, ist für den Senat nicht ersichtlich. Insbesondere rechtfertigen die in der Literatur erörterten Gründe, wie das vermeint- liche Interesse der Kommunikationspartner, über den Tod des Erblassers informiert zu werden, etwa um den Angehörigen ihr Beileid aussprechen zu können (vgl. Pruns, aaO)[36], die Annahme einer solchen hypothetische Einwilligung betreffend aller höchstpersönlichen Inhalte nicht. Auch hinsichtlich des Interesse der Klägerin und des Vaters der Erblasserin durch den Zugang zum Facebook-Account der Verstorbenen Gewissheit über die Hintergründe des Todes ihrer Tochter zu erhalten, gibt es keine Vermutung dafür, dass alle Kommunikationspartner, die mit der Erblasserin über die Dienste der Beklagten persönliche Inhalte ausgetauscht haben, ihr Interesse an der Wahrung des Telekommunikationsgeheimnisses insoweit gegenüber dem Interesse der Klägerin preisgeben."

[36] Der Senat verweist insoweit auf Pruns NWB 2014, 2175, 2185, gibt den dortigen Argumentationsgang aber nur stark verkürzt wieder.

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