AG München: Wer ist für die Grabpflege verantwortlich?

Das Amtsgericht (AG) München hat sich mit der Frage befasst, inwieweit eine testamentarisch angeordnete Verpflichtung zur Grabpflege durch Erbschaft auf andere übergehen kann.

Kläger des vom AG entschiedenen Verfahrens war der einzige Sohn und Alleinerbe der im Jahr 2018 verstorbenen Erblasserin. Sie wurde auf eigenen Wunsch in der Familiengrabstätte beigesetzt. Die Erblasserin hatte in ihrem Testament ein Vermächtnis zugunsten ihrer Nichte ausgesetzt. Mit diesem Vermächtnis hat sie ihrer Nichte einen Geldbetrag in Höhe von 8.000 EUR zugedacht. Das Vermächtnis wurde mit dem Zusatz „für die Grabpflege“ versehen.

Kläger verklagt Erben der Vermächtnisnehmerin auf Erfüllung der Auflage

Die mit dem Vermächtnis bedachte Nichte verstarb im Jahr 2021. Der Sohn der Erblasserin vertrat die Auffassung, dass die Verpflichtung zur Grabpflege auf die Erben der Nichte übergegangen sei. Mit dem Tod der Nichte sei das Vermächtnis, einschließlich der Verpflichtung zur Grabpflege auf die Erben der Nichte übergegangen.

Kläger fordert Grabpflege bis zum Jahr 2030

Die Erben der Nichte erklärten sich bereit, das Grab bis zum 30.6.2026 zu pflegen. Dies genügte dem Kläger nicht. Da die Erben der Verstorbenen den Abschluss eines Grabpflegevertrages über dieses Datum hinaus ablehnten, verklagte der Kläger die Erben auf Übernahme der Grabpflege bis zum Jahr 2030.

Vermächtnis mit zulässiger Auflage der Grabpflege

Das AG folgte der Argumentation des Klägers insoweit, als die testamentarische Verfügung der Erblasserin auch nach Auffassung des AG als Vermächtnis zugunsten ihrer Nichte auszulegen ist, verbunden mit der Auflage, die Grabpflege für das Familiengrab zu übernehmen, §§ 1939,1940 BGB.

Auflagen können auf Erben übergehen

Eine Auflage ist nach § 1940 BGB dadurch gekennzeichnet, dass Dritte grundsätzlich kein Recht auf die Leistung haben. Nach § 2194 BGB kann der Erbe jedoch verlangen, dass die Verpflichteten die Auflage erfüllen. Nach Auffassung des AG ist die Grabpflegeverpflichtung jedoch nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) auf die Erben der Nichte übergegangen. Grundsätzlich war aber nach der Entscheidung des AG ein Übergang durch Gesamtrechtsnachfolge denkbar.

Keine Erbrechtsnachfolge bei höchstpersönlichen Auflagen

Nach Auffassung des AG setzt ein Übergang der Verpflichtung voraus, dass die Auflage keinen höchstpersönlichen Charakter hat und nicht nur die beschwerte Person treffen soll.

Das AG legte die Verpflichtung zur Grabpflege jedoch als höchstpersönlich aus. Mit der Verfügung habe die Erblasserin zum Ausdruck gebracht, dass ihre Nichte gerade wegen der familiären Bindung und ihrer besonderen Beziehung zum Familiengrab die Grabpflege übernehmen solle. Ein Wille der Erblasserin, auch ihr unbekannte Erben ihrer Nichte hieran zu binden, sei nicht erkennbar. Es gebe auch keine Anhaltspunkte für einen diesbezüglichen mutmaßlichen Willen der Erblasserin.

Klage abgewiesen

Das AG wies die Klage auf Fortführung der Grabpflege ab. Im Ergebnis handelte es sich nach der Bewertung des AG bei der Auflage zur Grabpflege um eine höchstpersönliche Aufgabe, die nicht gemäß § § 1922 ff. BGB auf die Beklagten übergegangen ist.

(AG München, Urteil v. 27.10.2023, 158 C 16069/22)


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