Die 2009 im Alter von 81 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Ihr Ehemann ist 1983 vorverstorben. Aus der ersten Ehe des vorverstorbenen Ehegatten gingen der Beteiligte zu 1 sowie G. M., verstorben am 25.1.2006, unter Hinterlassung des Beteiligten zu 2, geboren 1976, hervor.

Am 23.10.1982 errichteten die Erblasserin und ihr Ehemann ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben ihres gesamten Nachlasses einsetzten. Erbe des Letztversterbenden sollten der Beteiligte zu 1 sowie G. M. sein. Am 29.11.2007 errichtete die Erblasserin ein handschriftliches Testament, in dem sie ihre Nichte, die Beteiligte zu 3, als Alleinerbin einsetzte.

Die Beteiligte zu 3 hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Sie ist der Ansicht, fuür die Erbfolge sei das Testament vom 29.11.2007 maßgeblich. Die Verfuügungen im gemeinschaftlichen Testament vom 23.10.1982 seien jedenfalls hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung nicht wechselbezuüglich, sodass die Erblasserin neu habe testieren können. Daruüber hinaus stamme der Nachlass im Wesentlichen aus einer Erbschaft der Erblasserin, die ihr erst nach dem Tod des Ehemanns zugefallen sei. Es sei von den Ehegatten keinesfalls beabsichtigt gewesen, die Erblasserin hinsichtlich des unerwarteten Vermögensanfalls zu binden. Außerdem fechte sie das gemeinschaftliche Testament hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung an, da sich die Erblasserin bei der Schlusserbeneinsetzung in einem Irrtum befunden habe. Diese habe nicht damit gerechnet, dass ihr juüngerer Bruder vor ihr versterben und sie ihn beerben wuürde. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sie im Jahr 2007 nach dem Tod ihres Bruders ein neues Testament errichtet habe. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind dem Antrag entgegengetreten und haben ihrerseits einen Erbschein beantragt, der sie als Miterben zu je 1/2 ausweist. Sie sind der Auffassung, fuür die Erbfolge sei das gemeinschaftliche Testament von 1982 maßgeblich. Nach dem Tod des Ehemanns habe die Erblasserin die wechselbezuügliche Schlusserbeneinsetzung nicht mehr ändern duürfen. Der Beteiligte zu 2 sei als Sohn der vorverstorbenen Tochter des Ehemanns an deren Stelle getreten.

Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 15.3.2010 unter inzidenter Zuruückweisung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 3 einen Erbschein bewilligt, wonach die Beteiligten zu 1 und 2 Miterben zu je 1/2 sind. Das Nachlassgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Einsetzung der Kinder des vorverstorbenen Ehemanns in dem gemeinschaftlichen Testament von 1982 aufgrund wechselbezuüglichen Verfuügungen der Ehegatten erfolgt sei. Diese Wechselbezuüglichkeit entfalle auch nicht dadurch, dass die Erblasserin nach dem Tod des Ehemanns als Miterbin nach ihrem am 16.7.2006 verstorbenen Bruder in erheblichem Umfang Grund- und Geldvermögen geerbt habe. Auch die erklärte Anfechtung des Testaments wegen Irrtums greife nicht durch, da diese bereits daran scheitere, dass die Anfechtungsfrist gemäß den §§ 2283, 2082 BGB abgelaufen sei. Der Beteiligte zu 2 trete als Ersatzerbe seiner vorverstorbenen Mutter gemäß § 2069 BGB in deren Miterbenstellung ein.

Mit der Beschwerde macht die Beteiligte zu 3 geltend, dass das Nachlassgericht rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gekommen sei, dass sich die Erbfolge ausschließlich nach dem Testament vom 23.10.1982 bestimme. Entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts liege eine Wechselbezuüglichkeit nicht vor. Hinreichende Anhaltspunkte fuür eine solche Annahme ergäben sich nicht aus dem Testament. Zudem hätten sich die Ehegatten hinsichtlich einer etwaigen Wechselbezuüglichkeit ihrer Verfuügungen keine Gedanken gemacht. Auch habe sich das Nachlassgericht nur unzureichend mit der Frage einer etwaigen ergänzenden Testamentsauslegung, die die Wechselbezuüglichkeit der Verfuügungen entfallen lasse, auseinandergesetzt. Zu Unrecht habe auch das Nachlassgericht die Möglichkeit einer Testamentsanfechtung verneint.

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