Die zulässige Beschwerde ist nicht begruündet. Die Auffassung des Nachlassgerichts, dass sich die Erbfolge nach der Erblasserin nach dem Testament vom 23.10.1982 bestimmt, erweist sich im Ergebnis als zutreffend.

1. Die Erbfolge nach der Erblasserin bestimmt sich nicht nach dem von ihr errichteten Testament vom 29.11.2007, sondern nach dem mit ihrem Ehemann errichteten gemeinschaftlichen Testament vom 23.10.1982. Da die dort angeordnete Schlusserbeneinsetzung zu ihrer eigenen Einsetzung als Alleinerbin ihres Ehemanns wechselbezuüglich im Sinne des § 2270 BGB ist, war die Erblasserin in entsprechender Anwendung des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB daran gehindert, die Erbeinsetzung nach ihrem Ableben davon abweichend zu regeln.

a) Ob die Erblasser eine Wechselbezuüglichkeit im Sinne des § 2270 BGB angeordnet haben, ist nicht generell zu bestimmen, sondern muss fuür jede einzelne Verfuügung gesondert gepruüft und bejaht werden (BGH NJW-RR 1987, 1410; OLG Muünchen FamRZ 2007, 2111). Dies setzt zunächst voraus, dass die einzelnen Verfuügungen ermittelt und festgestellt werden. Erst wenn dies der Fall ist, kann sich die Frage anschließen, ob einer bestimmten Verfuügung Wechselbezuüglichkeit beizumessen ist. Dabei stellt eine Ersatzerbeneinsetzung (§ 2096 BGB) im Verhältnis zur Einsetzung des zunächst bedachten Erben eine selbstständige, gesonderte Verfuügung dar. Die Wechselbezuüglichkeit der Ersatzberufung, und nicht diejenige der Einsetzung des weggefallenen Schlusserben, steht dabei inmitten (vgl. OLG Muünchen FamRZ 2010, 1846). Es stellt sich daher zunächst die Frage, ob infolge des Vorversterbens der urspruünglich als Miterbin eingesetzten G. M. der Beteiligte zu 2 als Abkömmling der G. M. im Wege der Ersatzerbfolge an deren Stelle treten sollte, oder ob insoweit bei dem Beteiligten zu 1, dem zweiten Schlusserben, Anwachsung eintritt (§ 2094 BGB). Dabei ist zu beachten, dass des Recht des Ersatzerben der Anwachsung vorgeht (§ 2099 BGB).

b) Eine ausdruückliche Ersatzerbeneinsetzung findet sich in dem gemeinschaftlichen Testament nicht. Sie ergibt sich jedoch im Wege individueller Auslegung.

aa) Dabei ist zunächst zu pruüfen, ob die Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der Verfuügung an die Möglichkeit eines vorzeitigen Wegfalls des von ihnen eingesetzten Erben tatsächlich gedacht haben und was sie fuür diesen Fall wirklich oder mutmaßlich gewollt haben (OLG Hamm FamRZ 1991, 1483 f OLG Frankfurt FamRZ 1996, 829/830). Kann der wirkliche oder mutmaßliche Wille nicht festgestellt werden, ist eine ergänzende Auslegung in Betracht zu ziehen. Ist der Bedachte eine dem Erblasser nahe stehende Person, so legt die Lebenserfahrung die Pruüfung nahe, ob der Erblasser eine Ersatzerbenberufung der Abkömmlinge des Bedachten gewollt hat oder gewollt haben wuürde. Entscheidend ist, ob die Zuwendung dem Bedachten als ersten seines Stammes oder nur ihm persönlich gegolten hat. Die erforderliche Andeutung im Testament kann dann schon in der Tatsache der Berufung dieser Person zum Erben gesehen werden. In jedem Fall aber ist der Erblasserwille anhand aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (BayObLG FamRZ 2005, 840/841 mwN).

bb) Anhaltspunkte dafuür, dass die Ehegatten bei Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments an die Möglichkeit des vorzeitigen Wegfalls eines der eingesetzten Schlusserben gedacht haben, sind vorliegend nicht ersichtlich. Es ist daher zu pruüfen, was die Erblasser gewollt hätten, wenn sie das Vorversterben eines der Schlusserben, nämlich der Tochter aus der ersten Ehe des vorverstorbenen Ehegatten, bedacht hätten.

Die Einsetzung der Kinder des Ehemanns aus dessen erster Ehe als Schlusserben unter Ausschluss der Verwandtschaft der Erblasserin weist darauf hin, dass die Verwandtschaft der Erblasserin grundsätzlich von dem Nachlass der Ehegatten ausgeschlossen sein sollte. Der Nachlass sollte also jedenfalls der Verwandtschaft des Ehemanns zufallen, sodass die Annahme des Ausschlusses einer Anwachsung im Sinne des § 2094 Abs. 3 BGB oder des Ausschlusses einer Ersatzerbenregelung fernliegend ist. Die getroffene Regelung, dass der Nachlass nach dem Tod des Letztversterbenden zu gleichen Teilen an die Kinder des Ehemanns der Erblasserin aus dessen erster Ehe fallen sollte, spricht gegen die Annahme einer Anwachsung der Erbteile in den Händen eines der Schlusserben und fuür eine Ersatzerbeinsetzung der Abkömmlinge des weggefallenen Schlusserben. Die Ehegatten wollten gerade nicht eines der Kinder bevorzugen, sondern den Nachlass gleichmäßig verteilt wissen. Dies legt den Schluss auf eine bewusste Verteilung des Vermögens nach Stämmen nahe. Daruüber hinaus ist ferner zu beruücksichtigen, dass der Beteiligte zu 2 im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments bereits geboren war und Enkel des Ehemanns der Erblasserin ist. Es ist daher naheliegend, dass die Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Jahre 1982, hätten sie den vorzeitigen Wegfall der G. M. bedacht, die Einsetzung des Beteiligten zu 2 als Abkömmling der G. ...

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