Die Berufung der Klägerin beschränkt sich darauf, dass die ihr in dem angefochtenen Teilurteil auferlegte Vorauszahlungspflicht gestrichen werden soll, also das landgerichtliche Teilurteil mit Ausnahme der in der Einleitung des Tenors zu 1. aufgenommenen Formulierungen "das auf Kosten der Klägerin zu erstellen ist", bzw. "gegen Vorauszahlung der hierfür voraussichtlich anfallenden Kosten des notariellen Nachlassverzeichnisses durch die Klägerin" Bestand haben soll.

Dieses mit der Berufung verfolgte Begehren der Klägerin ist erfolgreich.

Gem. § 2314 Abs. 2 BGB fallen die Kosten der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses dem Nachlass zur Last. Unter dem Begriff Kosten werden hierbei Gebühren, notwendige Reise- und Aufenthaltskosten des Auskunftspflichtigen bzw. des anwesenden Auskunftsberechtigten oder seines Beistands, der Wertermittlung und der amtlichen Aufnahme erfasst (Grüneberg/Weidlich, BGB, 82. Aufl., § 2314 Rn 18). Etwas anderes gilt hingegen bei Dürftigkeit des Nachlasses. Sollte der Nachlass dürftig sein, hat der Berechtigte die Kosten für die Erstellung des notariellen Verzeichnisses zu tragen (GrünebergWeidlich, BGB, 82. Aufl., § 2314 Rn 18). Den Nachweis der Dürftigkeit hat hierbei der Erbe zu führen (BGH, Urt. v. 10.11.1982 – IV a ZR 29/81, juris = NJW 1983, 1485).

Anders als das LG sieht der Senat den Beweis der Dürftigkeit des Nachlasses durch die Beklagte als nicht geführt an.

Der Beklagten ist es weder gelungen zu beweisen, dass das Darlehen zugunsten ihrer Tochter S. aus dem Darlehensvertrag vom 15.10.2005 (Anlage K 35) i.H.v. 65.000 EUR tatsächlich von deren Vater, Herrn W. vollständig oder zumindest teilweise zurückgeführt worden ist und somit "dem Nachlass" nicht doch noch ein entsprechender Zahlungsanspruch gegen S. zusteht, noch, dass der Verkaufserlös für die Wohnung in Sa. nicht doch dem Erblasser zugeflossen ist und noch auf einem zur Erbmasse zählenden Konto vorhanden ist oder zumindest (vergleichbar mit der Situation bei dem Darlehen zugunsten von S.) ein Herausgabe-/Rückzahlungsanspruch am Kaufpreis besteht, der den Nachlass ebenfalls werthaltig machen würde (wird nunmehr im Einzelnen ausgeführt).

Die Klägerin hat durchgängig in Abrede gestellt (siehe u.a. Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 9.4.2020 und vom 18.9.2020), dass das Darlehen über 65.000,00 EUR tatsächlich zurückgezahlt wurde. Die Beklagte hat dagegen behauptet, das Darlehen sei vollständig zurückgezahlt worden und sich zum Beweis für diese Behauptung auf den in der Sitzung vom 19.8.2020 von ihrem Prozessbevollmächtigten überreichten "Aufhebungsvertrag" (Aufhebung Darlehensvertrag) vom 15.7.2009 berufen. Nach der Überzeugung des Senats reicht die Vorlage dieses Schriftstücks aber nicht aus, um den Beweis für die behauptete Darlehensrückführung zu erbringen. Das Schriftstück weist insoweit bereits Widersprüche auf, die auch den Senat an seiner inhaltlichen Richtigkeit zweifeln lassen. So ist in dem Schriftstück vom 15.7.2009 von dem am 15.10.2005 geschlossenen Darlehensvertrag über den Betrag von 66.000 EUR die Rede. Der Darlehensvertrag vom 15.10.2005 verhält sich aber (lediglich) über einen Betrag von 65.000 EUR. Eine Ausräumung dieses Widerspruchs von Seiten der Beklagten ist nicht erfolgt. Davon unabhängig ist in dem Schriftstück ausgeführt, dass die Gesamtsumme am 15.7.2009 von den Eheleuten W. zurückgezahlt worden sei. Es existiert aber lediglich eine Kontoauszugszweitschrift der Sparkasse W. (Anlage K 60), die einen Zahlungseingang i.H.v. 10.000 EUR mit dem Vermerk "W. Kredit S." aufweist. Ein entsprechender Beleg über die Zahlung der weiteren 55.000 EUR (oder 56.000 EUR?) ist hingegen von der Beklagten nicht vorgelegt worden. Auch hat die Beklagte trotz des durchgängigen vehementen Bestreitens der Klägerin nicht belastbar dargelegt, wann und wie genau es zu der Rückführung der weiteren 55.000 EUR (oder 56.000 EUR?) gekommen sein soll. Die Beklagte erklärt vielmehr ausdrücklich, weitere Auskünfte könne sie nicht geben (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 22.4.2022). Weshalb dies so ist, lässt sie in diesem Zusammenhang völlig offen. Nach alldem sieht der Senat den Beweis für die Rückführung des Darlehens als nicht erbracht an. Die Folge hieraus ist, dass "dem Nachlass" nach dem derzeitigen Sachstand nach wie vor ein Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die Tochter der Beklagten zusteht, der Nachlass somit bereits unter diesem Gesichtspunkt nicht als dürftig anzusehen ist.

Gleiches gilt im Ergebnis bezüglich der Wohnung in S. Gem. dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin (siehe u.a. Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 9.4.2020 und vom 10.8.2020) wurde diese Wohnung von dem Erblasser ohne die Aufnahme eines Kredits bezahlt, wobei der Erblasser davon ausging und dies auch entsprechend kommunizierte, dass er Eigentümer dieser Wohnung sei. Tatsächlich war aber die Beklagte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen (Anlage K 28...

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