Die Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte ist hinsichtlich des Nachlasses der am 25.11.2021 verstorbenen … , geborene … erbunwürdig.

I.

Gem. § 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB ist erbunwürdig, wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267, 271274 StGB schuldig gemacht hat.

Es kann vorliegend dahinstehen, ob sich die Beklagte in Bezug auf das Testament vom 10.7.2021 der Urkundenfälschung schuldig gemacht hat, mithin, ob die krakelige Unterschrift unter jenem Testament von der Beklagten stammt. Denn die Beklagte hat sich zumindest der versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gem. § 271 StGB schuldig gemacht, als sie unter dem 24.1.2022 einen Alleinerbschein beantragt hat.

Die Beklagte lässt im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.6.2022 selbst vortragen, dass sie das Testament vom 10.7.2021 eigenhändig (nach den Wünschen der Erblasserin) geschrieben habe. Sie, die Beklagte, habe die Erblasserin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Erblasserin den Text eigenhändig abschreiben müsse. Der Beklagten war mithin offenkundig bekannt, dass ein handschriftliches Testament nur dann wirksam verfasst werden kann, wenn es sowohl eigenhändig geschrieben als auch eigenhändig unterschrieben worden ist. Der Beklagten war außerdem bekannt, dass die Erblasserin – entgegen der ausdrücklichen Weisung der Beklagten – das Testament vom 10.7.2021 nicht noch einmal eigenhändig abgeschrieben hatte. Denn das Testament vom 10.7.2021 war vom Nachlassgericht unter dem 15.12.2021 eröffnet und allen Kindern der Erblasserin, mithin auch der Beklagten, zur Kenntnisnahme übersandt worden. Den entsprechenden Sachverhalt räumt die Beklagte im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.6.2022 ein, wenn es dort heißt:

Zitat

"Als ihr das Testament dann vom Nachlassgericht zuging, stellte sie fest, dass die Mutter das Testament doch nicht abgeschrieben hatte, sondern nur unterschrieben."

Die Beklagte wusste mithin, dass sie nicht alleinige Erbin ihrer Mutter geworden sein konnte, da das handschriftliche Testament vom 10.7.2021 formunwirksam war. Sie hat gleichwohl einen Erbscheinsantrag gestellt, in dem sie beantragt hat, sie als Alleinerben zu bestimmen. Dieses Verhalten stellt eine Straftat gem. § 271 StGB in Ansehung einer Verfügung des Erblassers dar.

Entgegen der Ansicht der Beklagten tritt Erbunwürdigkeit auch ein, wenn § 271 StGB im Versuchsstadium stecken bleibt. Denn § 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB verweist auf § 271 StGB insgesamt, also auch auf § 271 Abs. 4 StGB. Im Übrigen ist es vorliegend nur der Aufmerksamkeit des Nachlassgerichts zu verdanken, dass § 271 StGB im Versuchsstadium stecken geblieben ist. Der Unwertgehalt des Verhaltens der Beklagten wird dadurch allerdings nicht geringer.

Der Verweis der Beklagten auf die historischen Veränderungen von § 267 StGB führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es ist nicht recht ersichtlich, welche Veränderung an § 2339 BGB der Gesetzgeber denn hätte vornehmen sollen. Nachdem das StGB in Bezug auf Urkundsdelikte erweitert worden ist und auch der Versuch strafbar wurde, bedurfte es einer entsprechenden Anpassung von § 2339 BGB gar nicht mehr.

Der Klage war nach alledem stattzugeben.

II. (…)

ZErb 4/2023, S. 152 - 153

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