In Art. 7 des Bürgergeldentwurfsgesetzes war eine Sonderbehandlung von Erbschaften anfänglich ebenfalls nicht vorgesehen.

Art. 7 bezieht sich auf das Bundesversorgungsgesetz (BVG), das bis jetzt noch das Grundlagengesetz des sozialen Entschädigungsrechts (§ 5 SGB I) ist. Gesetze wie das Soldatenversorgungsgesetz, das Opferentschädigungsgesetz, das Impfschadensgesetz etc. verweisen bezüglich seiner Rechtsfolgen heute noch im Wesentlichen auf das BVG. 2024 wird das SGB XIV vollständig in Kraft treten.

Das Bundesversorgungsgesetz kennt eine Art der gehobenen "Sozialhilfe", die man irreführenderweise als "Kriegsopferfürsorge" bezeichnet, die aber für alle Gesetze gilt, die hinsichtlich ihrer Rechtsfolgen auf das BVG verweisen. Im SGB IV werden sie "Besondere Leistungen im Einzelfall" heißen und im Kapitel 11 des SGB XIV geregelt sein.

Aufgabe der Kriegsopferfürsorge ist es, sich der Beschädigten i.S.d. BVG und ihrer Familienmitglieder sowie der Hinterbliebenen in allen Lebenslagen anzunehmen, um die Folgen der Schädigung oder des Verlustes des Ehegatten oder Lebenspartners, Elternteils, Kindes oder Enkelkindes angemessen auszugleichen oder zu mildern. Dafür stehen die in § 25d BVG benannten Leistungen zur Verfügung, darunter die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt und die Hilfe in besonderen Lebenslagen (§ 27d BVG).[30]

Der ursprüngliche Entwurf des Bürgergeldgesetzes sah nur vor, dass der Vermögensschonbetrag in § 25f BVG angepasst werden sollte. Bei der Erbringung ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt werden als kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte einheitlich 35 % des Bemessungsbetrags nach § 33 Abs. 1 S. 2 lit. a berücksichtigt. Ausgehend von einem Bemessungsbetrag von 35.566 EUR, der durch VO ab dem 1.7.2022 gilt, ergibt sich für das BVG daraus ein Vermögensschonbetrag von 12.798 EUR. Damit bewegt sich das Schonvermögen unterhalb des Betrags des SGB II von 15.000 EUR außerhalb der Karenzzeit und oberhalb des Vermögensschonbetrags von 10.000 EUR pro Person der Einsatzgemeinschaft im SGB XII.

Einen Karenzzeitraum mit weiteren Begünstigungen gibt es auch im BVG nicht. Auch hier nutzt der Gesetzgeber den ihm grundsätzlich zustehenden Gestaltungsspielraum bei der Konkretisierung des Nachranggrundsatzes in Gesetzen der sozialen Sicherung und Förderung.

In der Endversion des Bürgergeldgesetzes liest sich das dann aber anders. Nicht § 25f BVG allein wird geändert, sondern in der Einkommensregel des § 25d BVG wird in Abs. 1 S. 2 Nr. 7 BVG geregelt, dass Erbschaften nicht als Einnahmen i.S.d. Gesetzes gelten, folglich also Vermögen sein müssen. Die Vermögensvorschriften finden sich in § 25f BVG. § 25f Abs. 1 S. 6 BVG verweist auf § 90 Abs. 2 Nr. 1–7, 9 und 10 SGB XII, § 91 SGB XII (Darlehen) und § 25c Abs. 3 BVG. § 25g Abs. 3 BVG regelt den Schutz der selbstbewohnten Immobilie unabhängig von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII und § 12 Abs. 1 Nr. 5 SGB II wie folgt:

Zitat

"Selbst genutztes Wohneigentum im Sinne des § 17 Abs. 2 des Wohnraumförderungsgesetzes, das vom Leistungsbezieher allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird, denen es nach dem Tod des Leistungsberechtigten als Wohnung dienen soll, ist nicht zu verwerten."[31]

Im Beispielsfall bedeutet das: Erbschaften sind generell Vermögen; ihr Schutz muss an den Vermögensschontatbeständen des BVG gemessen werden:

Das geerbte Kfz und das geerbte Barvermögen unterfallen den oben dargestellten Schonregelungen, soweit diese nicht bereits aus anderen Gründe ausgeschöpft sind.
Die geschützte selbstbewohnte Immobilie wird nach § 17 Abs. 2 Wohnraumförderungsgesetz als Wohnraum im eigenen Haus oder in einer eigenen Eigentumswohnung, der zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, beschrieben. Wohnflächengrenzen werden anders als in § 39 II. WobauG nicht definiert. Zu beachten ist: Das Wohnraumförderungsgesetz hat das II.’WobauG abgelöst und ist seinerseits nun nur noch anwendbar, wenn die Länder, die seit 2006 für die Gesetzgebung im Bereich der sozialen Wohnraumförderung zuständig sind, keine landeseigenen Gesetze zur Förderung des sozialen Wohnraums erlassen haben; ansonsten gilt gem. Art. 125a Abs. 1 GG das WoFG als Bundesrecht fort. Das besagt im Ergebnis, dass es für selbstbewohnte Immobilien im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung nach den Regelungen des BVG keine (einheitlichen) Wohnflächengrenzen[32] gibt, an denen sich der Vermögensschutz einer geerbten Immobilie im BVG – und sodann in der ab 2024 geltenden Regelung des § 108 Abs. 3 SGB XIV – orientiert. Anders als im SGB XII wird man also jetzt und in der Zukunft die geerbte Immobilie im Ausgangsfall als Schonvermögen ansehen.
[30] Vgl. hierzu Doering-Striening, § 4 Rn 1 ff.; S. 393 ff.
[31] Im SGB XIV wird der Text gem. § 108 Abs. 3 lauten: "Von Berechtigten selbst oder zusammen mit Angehörigen genutztes Wohneigentum im Sinne des § 17 Abs. 2 des Wohnraumförderungsgesetzes ist nicht zu verwerten."
[32] Kruse, in: Knickrehm/Rademacher (Hrsg.), LPK, Sozialgesetzbuch XIV, 2022 § 108 Rn 5, 23 ff.

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