Zur Ausnutzung der erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Freibeträge werden häufig Immobilen auf minderjährige Kinder und Enkelkinder übertragen. Es stellt sich dabei stets die Frage, ob die Eltern ihre minderjährigen Kinder im Rahmen der Beurkundung vertreten können, obwohl die Eltern oder die Großeltern selber an der Immobilienübertragung beteiligt sind. Zudem stellt sich stets die Frage, ob eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist.

1. Erfordernis einer Ergänzungspflegerbestellung bei Übertragung von Immobilien?

Die gesetzliche Vertretung der Eltern ist trotz Vorliegens eines Insichgeschäfts möglich, wenn die unentgeltliche Übertragung der Immobilie für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Rechtliche Nachteile können entstehen, wenn die Schenkung für den Minderjährigen mit der Entstehung persönlicher Verpflichtungen verbunden ist. Es haben sich die folgenden Fallgruppen herausgebildet.

a) Schenkung eines unbelasteten Grundstücks

Die Schenkung eines unbelasteten Grundstücks ist für den Minderjährigen grds. lediglich rechtlich vorteilhaft. Auch die Haftung für die gewöhnlichen öffentlichen Lasten wie beispielsweise Anliegerbeiträge und Erschließungskosten durch den Minderjährigen stellen keine beachtlichen Nachteile dar.[28] Sie werden einerseits nicht unmittelbar durch die Schenkung selbst ausgelöst, sondern entstehen nur mittelbar aufgrund der Schenkung und sind andererseits zudem in ihrer Höhe begrenzt, sodass sie sich in der Regel direkt aus den laufenden Erträgen des Grundstücks decken lassen.[29]

[28] BayObLG, Beschl. v. 14.6.1967 – BReg. 2 Z 26/67, NJW 1967, 1912, 1913; BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, 415, 417.
[29] Rastätter, BWNotZ 2006, 1, 4.

b) Schenkung eines mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks

Die unentgeltliche Übertragung eines mit einer Grundschuld oder einer Hypothek belasteten Grundstücks ist für den Minderjährigen ebenfalls lediglich rechtlich vorteilhaft.[30] Für die Belastung haftet grds. nur das Grundstück und nicht der Minderjährige als Grundstückseigentümer persönlich.[31] Ein rechtlicher Nachteil liegt hingegen vor, wenn der Minderjährige im Rahmen der Übertragung die persönliche Haftung für die dem Grundpfandrecht zugrunde liegenden Forderungen übernimmt.[32] Dies dürfte bei der Immobilienübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge regelmäßig aber nicht der Fall sein.

[31] BayObLG, Beschl. v. 15.2.1979 – BReg. 2 Z 29/78, MittBayNot 1979, 6, 7; Rastätter, BWNotZ 2006, 1, 4.
[32] Rastätter, BWNotZ 2006, 1, 5.

c) Schenkung eines mit einer Reallast belasteten Grundstücks

Die Belastung der übertragenen Immobilie mit einer Reallast ist hingegen stets rechtlich nachteilig.[33] Der Minderjährige haftet für diese nach § 1108 BGB immer auch persönlich. Dies gilt folglich auch für die Reallast eines Erbbauzinses bei der Schenkung eines Erbbaurechts.[34]

[33] Rastätter, BWNotZ 2006, 1, 6.
[34] BGH, Urt. v. 20.9.1978 – VIII ZR 142/77, NJW 1979, 102, 103.

d) Schenkung eines vermieteten/verpachteten Grundstücks

Der Erwerb eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks ist ebenfalls nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.[35] Begründet wird dies einheitlich mit dem Eintritt des Minderjährigen in die Stellung als Vermieter und damit in die Ansprüche und Eigentümerverpflichtungen aus dem bestehenden Mietvertrag.[36] Für die daraus resultierenden Pflichten haftet der Minderjährige auch persönlich mit seinem Vermögen.

[35] BGH, Beschl. v. 3.2.2005 – V ZB 44/04, NJW 2005, 1430, 1431; OLG München, Beschl. v. 8.2.2011 – 34 Wx 18/11, FamRZ 2011, 828, 829; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn 3610k.
[36] BGH, Beschl. v. 3.2.2005 – V ZB 44/04, NJW 2005, 1430, 1431; Rastätter, BWNotZ 2006, 1, 7.

e) Schenkung von Wohnungs-/Teileigentum

Auch der Erwerb einer Eigentumswohnung ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.[37] Grund hierfür ist der gleichzeitige Eintritt in die Wohnungseigentümergemeinschaft und die damit verbundenen Verpflichtungen aus der Gemeinschaftsordnung.[38] Hierzu zählen insbesondere die Pflicht der anteiligen Kostentragung für die Instandhaltung und -setzung, die sonstige Verwaltung sowie des gemeinschaftlichen Gebrauchs des Gemeinschaftseigentum. Zudem haftet der Minderjährige nach § 10 Abs. 8 S. 1 WEG persönlich für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft und hat gem. § 16 Abs. 2 WEG eine sog. Sonderumlage bei Wohngeldausfällen zu tragen.

[38] Rastätter, BWNotZ 2006, 1, 7.

f) Übertragung eines Grundstücks unter Nießbrauchvorbehalt

Ein lediglich rechtlicher Vorteil wird bejaht, wenn ein Grundstück mit einem Nießbrauch belastet ist, bei dem der Nießbraucher auch die außergewöhnlichen Erneuerungen und Ausbesserungen sowie die Grundstückslasten tragen muss.[39] Unerheblich ist, ob der Nießbrauch bereits besteht oder als Gegenleistung bei der Übertragung vorbehalten wird.[40]

[39] BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, 415, 417 f.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn 3610b.
[40] Fröhler, BWNotZ 2006, 97, 104. Kölmel, RNotZ 2010, 618, 642 f.

g) Übertragung eines Grundstücks mit Belastungsvorbehalt

Die Vereinbarung eines Belastungsvorbehalts für den Übergeber ist für den Minderjährigen wohl nur dann lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn die Eintragung der Belastung gleichzeitig mit dem Eigentumsübergang vollzogen wird, da nur d...

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