Die zulässige Berufung hat zum großen Teil Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf weitere Pflichtteilszahlung über den von den Beklagten in erster Instanz bereits zugestandenen und geleisteten Betrag hinaus, zudem ist auch die Kostenentscheidung zu seinen Gunsten zu ändern, soweit das Landgericht darüber nach § 91 a ZPO entschieden hat.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Auskehrung weiterer 3.180,56 EUR gem. § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB über den bereits erhaltenen Pflichtteil von 39.100 EUR hinaus.

a) Der Kläger ist ein per Testament vom 23.3.1987 enterbter Abkömmling des Erblassers im Sinne der Vorschrift. Die Beklagten sind als Cousins und Cousinen gesetzliche Erben dritter Ordnung im Sinne von § 1926 Abs. 1 BGB (mangels gesetzlicher Erben erster und zweiter Ordnung) gem. §§ 1922 Abs. 1, 1930 BGB Erben des Erblassers geworden. Der Anspruch ist dem Grunde nach unstreitig. Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs bestimmt sich nach § 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dieser Norm besteht der Pflichtteil in der Hälfte des Werts des gesetzlichen Erbteils. Als alleiniger Sohn des Erblassers beläuft sich der gesetzliche Erbteil des Klägers mangels weiterer Geschwister und wegen der geschiedenen Ehe des Erblassers auf 100 Prozent. Der Pflichtteilsanspruch beträgt mithin 50 Prozent des Nachlasswerts. Der Berechnung des Pflichtteils wird gem. § 2311 Abs. 1 Satz 1 BGB der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde gelegt. Dieser besteht in der Wertdifferenz zwischen dem Aktiv- und Passivbestand des Nachlasses (allg. Auffassung; vgl. Palandt/Edenhofer, 68. Aufl. 2009, § 2311 Rn 1; Staudinger/Haas [2006], § 2311 Rn 1 jeweils mwN).

b) Hinsichtlich des Aktivnachlasses ist von 93.326,38 EUR auszugehen. Dies entspricht nämlich dem mündlichen Vorbringen der Beklagten erster Instanz, wofür der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Beweis bietet, § 314 S. 1 ZPO. Das Landgericht hat diesen Wert seiner Berechnung zugrunde gelegt. Der Kläger greift diesen Ausgangspunkt in seiner Berufung nicht nur nicht an, sondern legt ihn ersichtlich nunmehr selbst seiner eigenen Berechnung des begehrten restlichen Pflichtteilsanspruchs zugrunde. Die Beklagten sind dem in der Berufungserwiderung nicht entgegengetreten und haben auch keinen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt. Der Senat hatte mithin diesen Aktivwert des Nachlasses bis zur mündlichen Verhandlung als unstreitig anzusehen. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung nunmehr streitig zu ihren Gunsten einen geringeren Wert des Aktivnachlasses behauptet haben, kann dieses verspätete, hinsichtlich der Verspätung auch nicht entschuldigte Vorbringen schon nach den §§ 530, 521 Abs. 2, 296 Abs. 1 ZPO nicht zugelassen werden und ist im Übrigen auch nach den §§ 529 Abs. 1 Ziff. 2, 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO nicht zuzulassen.

c) Von dem Aktivnachlass sind 8.765,26 EUR in Abzug zu bringen. Als Passiva abziehbar sind nur solche Nachlassverbindlichkeiten, die auch bei dem Eintritt der gesetzlichen Erbfolge bestehen würden (grundlegend OLG Hamburg, Urt. v. 8.3.1906, OLGRspr 12, 393; ebenso MüKoBGB/Lange, 4. Aufl. 2004, § 2311 Rn 10; Staudinger/Haas [2006], § 2311 Rn 26). Diese umfassen neben den hier nicht vorhandenen Erblasserschulden auch die sog. Erbfallschulden. Das sind solche Verbindlichkeiten, die den Erben als solchen treffen, weil (a) Rechtsgrund und Notwendigkeit der Erfüllung auf den Erbfall zurückgehen, (b) die Erfüllung auch im Interesse des Pflichtteilsberechtigten erfolgt oder (c) die Verbindlichkeit den Pflichtteilsberechtigten auch dann getroffen hätte, wenn er gesetzlicher Erbe geworden wäre (Bamberger/Roth/Mayer, 2. Aufl. 2008, § 2311 Rn 7, 9; MüKoBGB/Lange, aaO, § 2311 Rn 13; Staudinger/Haas [2006], § 2311 Rn 39). Daraus ergibt sich für die einzelnen von den Beklagten in Ansatz gebrachten Passivpositionen Folgendes:

aa. Unmittelbare Kosten der Bestattung

Die Kosten für die Beerdigung sind abzugsfähig (allg. Auffassung; RG JW 1908, 114; Lange/Kuchinke, 5. Aufl. 2001, § 47 III [S. 1199 f]; MüKoBGB/Lange, aaO, § 2311 Rn 13; Staudinger/Haas [2006], § 2311 Rn 40). Sie stellen nämlich Erbfallschulden dar, weil die Erben nach § 1968 BGB die Kosten der Beerdigung tragen. Die Beerdigungskosten umfassen jedenfalls die Kosten für das Beerdigungsunternehmen und die Friedhofsgebühr als unmittelbare Kosten der Bestattung (vgl. nur Müller, DStZ 2000, 329). Dies wird mit der Berufung auch nicht angegriffen. Unter Beerdigungskosten nach § 1968 BGB fallen nur die Kosten, die mit dem Bestattungsakt als solchem zu tun haben. Der Gebührenbescheid der Kirchengemeinde B. vom 24.07.2007 (3 1/2 Monate nach dem Tod des Erblassers) über 37 EUR betrifft die Beseitigung eines Senkschadens in der Wahlgrabstätte mit 3 Grabbreiten und deshalb ersichtlich nicht einen Vorgang, der mit dem unmittelbaren Bestattungsakt in Zusammenhang steht. Diese Position fällt mithin nicht unter § 1968 BGB, sondern betrifft Kosten der Grabpflege, die – wie sogleich näher zu begründen – für die Berechnung des ...

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