Im deutschen BGB wirkt ein Vermächtnis lediglich schuldrechtlich, d.h. der Vermächtnisnehmer erwirbt den Vermächtnisgegenstand nicht unmittelbar mit dem Erbfall, sondern muss den Vermächtnisanspruch gegenüber dem Erben geltend machen (§ 2174 BGB). Damit kommt es immer zu einem Zwischenerwerb des Erben in der Todessekunde aufgrund der dinglichen Gesamtrechtsnachfolge, dem die Vermächtniserfüllung zwingend mindestens eine "logische Sekunde" später nachfolgen muss. Im rein inländischen Erbfall kann ein dingliches Vermächtnis nicht gestalterisch erreicht werden.

Allerdings gibt es Rechtsordnungen, in denen ein Vermächtnis dinglich wirkt und der Vermächtnisnehmer lediglich den Tod des Erblassers und – weil dann zumeist nicht erreichbar über gesetzliche Erbfolge – die testamentarische Regelung des Erblassers zu seinen Gunsten betreffend jetzt einen Einzelgegenstand des Nachlasses belegen muss.

Im romanischen Rechtskreis, aber auch z.B. in Polen, ist ein dingliches Vermächtnis bekannt, das zum unmittelbaren Eigentumserwerb des Vermächtnisnehmers allein mit dem Nachweis des Todes des Erblassers und seiner entsprechenden testamentarischen Verfügung führt.

Länger galt in Deutschland, dass bei Anwendung deutschen Sachenrechts, also insbesondere für eine deutsche Immobilie, dieses sog. "Vindikationslegat" in ein "Damnationslegat" umzudeuten ist und der Vermächtnisnehmer damit z.B. die Umschreibung des Grundbuchs nur im Rahmen seines gewöhnlichen Vermächtnisanspruchs gegen den Erben (§ 2174 BGB) mit dessen Zustimmung beanspruchen darf.[2] Durch die EU-ErbVO ist jetzt eine Änderung eingetreten: Konkret sieht Art. 31 EU-ErbVO ("Anpassung dinglicher Rechte") in dem Mitgliedstaat, in dem das Recht (hier Vermächtnis) geltend gemacht wird, das dort aber keine dingliche Wirkung hat, eine Anpassung unter weitestmöglicher Aufrechterhaltung des Inhaltes des Rechtes vor.[3] Nach dem EuGH ist die von Deutschland für deutschen Grundbesitz gegenüber einem Vindikationslegat nach polnischem Erbrecht verweigerte Anerkennung und unmittelbare Umsetzung im Grundbuch europarechtswidrig.[4]

In diesen Fällen, wenn das Ergebnis auch vom deutschen Recht anzuerkennen ist, gelten die nachfolgenden Ausführungen (ab III.) nicht, sondern der Vermächtnisnehmer ist wie ein Erbe zu behandeln. Es entfällt der Zwischenerwerb einer anderen Person und er erwirbt unmittelbar in der Todessekunde aus dem Nachlass Vermögen des Erblassers.

[3] Konkret zum Vindikationslegat J.P. Schmidt, in: Dutta/Weber, Internationales Erbrecht, 2016, Art. 31 EU-ErbVO Rn 13.
[4] EuGH v. 12.10.2017 – C-218/16 – Kubicka, FamRZ 2017, 2057, m. Anm. Döbereiner; weiter Anm. Dorth, ZEV 2018, 11. Wiederholend bestätigt durch OLG Saarbrücken v. 23.5.2019 – 5 W 25/19, ZEV 2019, 640.

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