Nach einer Verschollenheitserklärung kann es geschehen, dass der Verschollene wieder auftaucht.[24] Für den Fall, dass der andere Ehegatte inzwischen eine neue Ehe eingegangen ist, gilt § 1319 BGB. Da der Verschollene nicht tot war und auch nicht als tot gilt (§§ 9, 44 VerschG), bestünde eine Doppelehe. Daher gilt die erste Ehe mit der zweiten Eheschließung als aufgelöst, wenn nicht einer der beiden Ehegatten der zweiten Ehe von der Unrichtigkeit der Todeserklärung wusste, §§ 1314 f., 1319 Abs. 2 BGB. Im letzteren Fall ist die zweite Ehe aufhebbar gem. § 1320 BGB. Für aufhebbare Ehen gilt § 1318 Abs. 5 BGB,[25] das gesetzliche Erbrecht entfällt also. Tritt während einer Doppelehe ein Erbfall ein, ist die Feststellung der Erbquoten jedenfalls beim Vorhandensein von Abkömmlingen problematisch. Bei verschiedenen Argumentationen sind diverse Ergebnisse möglich,[26] bei denen z.B. auch auf eine entsprechende Anwendung des § 2090 BGB zurückgegriffen wird. Eine insofern gesicherte Rechtsprechung ist zwar nicht ersichtlich. Es spricht aber viel für die Aufteilung des Ehegattenerbteils unter den Ehegatten, da sonst das Erbrecht der Abkömmlinge betroffen wäre.[27]

Autor: Dr. Dietmar Kurze, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, VorsorgeAnwalt, Berlin

ZErb 1/2023, S. 13 - 15

[24] Vgl. Eckebrecht, Praxishandbuch Familienrecht, Rn 154.
[25] Schäfer, ErbR 2019, 610, 610; nicht bei der nach § 1314 Abs. 5 BGB aufhebbaren Scheinehe: OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.3.2020 – 3 W 27/20, BeckRS 2020, 4931.
[26] Vgl. Schäfer, ErbR 2019, 610.
[27] Vgl. MüKo-BGB/Leipold, § 1931 Rn 14 m.w.N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge