Zunächst soll erläutert werden, ob und mit welchen Auskunftsansprüchen sich der Erbe oder der Pflichtteilsberechtigte ein Bild über in der Schweiz belegene Vermögenswerte machen kann, wenn sich die Rechtsnachfolge nach deutschem Recht richtet. Darüber hinaus wird beleuchtet, wie diese Personengruppe an Informationen gelangt, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Erblasser Vermögen in der Schweiz versteckt hat bzw. wie Vermögenstransfers am Nachlass vorbei mittels Geltendmachung von Auskunftsansprüchen aufgedeckt werden können.

1. Auskunftsansprüche des Erben gegenüber Banken

Das Schweizer Bankkonto spielt bei der Vermögensanlage vieler Deutscher traditionell eine wichtige Rolle. Für die Ermittlung und Abwicklung des Nachlasses stellt sich die Frage, ob und wie die erforderlichen Informationen bei den Banken eingeholt werden können.

a) Bekannte Bankverbindungen

Haben die Erben genaue Kenntnis über die Bankverbindungen des Erblassers bzw. stoßen sie bei Nachforschungen auf Bankunterlagen, die auf die Existenz von Bankverbindungen in der Schweiz schließen lassen, ist in diesen Fällen eine direkte Anfrage an das jeweilige Geldinstitut zu richten.

b) Unkenntnis über genaue Bankverbindung

Schweizer Banken lockten in den 1990er-Jahren mit Werbung deutsche Anleger unter anderem auch mit ihrem Schwarzgeld zu sich. Verräterische Bankkorrespondenz wurde in manchen Fällen auf Wunsch nicht an die Heimatadresse geschickt. Im Hinblick auf die Existenz von Bankverbindungen des Erblassers in der Schweiz kann die Sichtung von Unterlagen in solchen Fällen somit ergebnislos verlaufen.

Es stellt sich die Frage, wie die Erben dann an entsprechende Informationen kommen können, wenn Bankvermögen in der Schweiz vermutet wird.

In Deutschland können die Erben bei verschiedenen Verbänden nach verschollenen Erblasserkonten forschen.[1] In der Schweiz hingegen gibt es keine zentrale Stelle, bei der Erben umfassende Informationen über das Vorhandensein von Konten/Depots/Schließfächern erhalten können. In diesen Fällen kommt nur ein Rundschreiben an alle in der Schweiz befindlichen Banken in Betracht, was allerdings mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden sein kann, wenn man bedenkt, dass zum Ende des Jahres 2017 in der Schweiz 253 Banken mit 2.939 Geschäftsstellen tätig waren.[2]

Lediglich für sog. nachrichtenlose Vermögenswerte ist über die dem Bankenombudsman angegliederte Anlaufstelle eine zentrale Suche möglich.[3] Der Begriff "Nachrichtenlosigkeit" ist in Art. 45 BankV[4] und in den Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung näher definiert und liegt u. a. bei vollständigem Kontaktabbruch zum Kunden vor.[5] Nach diesen Richtlinien müssen alle Banken in der Schweiz kontakt- und nachrichtenlose Vermögenswerte (Sparhefte, Konti inkl. Nummern- und Pseudonymkonti, Depots mit einem Wert über 500 CHF und sämtliche Schließfächer) in einer zentralen Datenbank melden. Für die Suche ist ein von der zentralen Stelle zur Verfügung gestelltes Formular zu verwenden.[6] Die Bearbeitungsgebühr beträgt derzeit 100 CHF.

Darüber hinaus müssen in der Schweiz seit dem 1.1.2015 Bankguthaben von über 500 CHF von Gesetzes wegen veröffentlicht und im Anschluss dem Bund abgeliefert werden, wenn seit dem letzten Kontakt zwischen Bank und Kunde mehr als 60 Jahre vergangen sind und wenn sich innerhalb einer Frist kein Berechtigter meldet.[7] Dasselbe gilt bei Schließfächern, wenn der Inhalt 500 CHF übersteigt oder unbekannt ist. Diese öffentliche Suche kann jedermann im Internet vornehmen.[8]

[1] Bundesverband deutscher Banken e.V., Deutscher Sparkassen- und Giroverband, Bundesverband der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken.
[2] https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge-datenbanken/tabellen.assetdetail.6486700.html; Liste aller Schweizer Banken abrufbar unter: https://www.finma.ch/de/finma-public/bewilligte-institute-personen-und-produkte.
[3] Schweizerischer Bankenombudsman, Zentrale Anlaufstelle, Bahnhofplatz 9, Postfach, CH 8021 Zürich.
[4] Verordnung über Banken und Sparkassen vom 30. April 2014 (Stand: 1. August 2017).
[5] http://www.bankingombudsman.ch/wp-content/uploads/2014/06/ Narilo-Richtlinien-2014_d.pdf.
[6] http://www.bankingombudsman.ch/wp-content/uploads/2016/04/ Informationen-und-Fragebogen-DE.pdf.
[7] Die Frist beträgt ab Publikation ein Jahr und bei Vermögenswerten, deren letzter Kundenkontakt 1954 oder früher stattgefunden hat, fünf Jahre.
[8] https://www.dormantaccounts.ch/narilo/.

c) Ermittlung des anwendbaren Rechts

Die Frage des auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen sowie das auf die Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunde anwendbare Recht, muss wegen des lex fori-Grundsatzes aus Sicht des schweizerischen Rechts geklärt werden.

Bezüglich der Frage, wer Rechtsnachfolger des Bankkunden geworden ist, prüfen Schweizer Banken zunächst, welches Recht auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbar ist. Art. 91 Abs. 1 IPRG[9] verweist für die Rechtsnachfolge eines im Ausland wohnhaften Erblassers auf das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates. Für Erblasser mit gewöhnlichem Aufenthalt in der EU (mit Ausnahme Dänemarks, Irlands und Großbritanniens) wird somit auf die EuEr...

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