Sollte ein Unternehmen gegenüber einem Mitbewerber Ansprüche wegen der Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften geltend machen wollen, ist es – wie bislang auch – auf die Regelungen des Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) angewiesen. Qualifizierte Einrichtungen sowie rechtsfähig Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen konnten bislang auch auf Basis des UWG vorgehen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 3 UWG). Seit dem 24.2.2016 werden diese Personen das UWG vermutlich nur noch anwenden, sofern der Anwendungsbereich des UKlaG nicht eröffnet ist.

a) Datenschutzrecht/Wettbewerbsrecht

Das Datenschutzrecht dient dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung des Betroffenen als absolutes Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB, das Wettbewerbsrecht dient dem Schutz der Einhaltung gleicher und damit unverfälschter Marktchancen aller Beteiligten, d.h. Verbraucher und Unternehmer. Die Schutzgegenstände sind erkennbar verschieden (hierzu auch Schaffert, Festschrift für Bornkamm, S. 463), was in der Vergangenheit auch Anlass dafür gewesen sein dürfte, dass datenschutzrechtliche Belange eher nicht mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts durchgesetzt wurden (ebenso Robak GRUR-Prax 2016, 139). Wie bereits erwähnt, sind Daten im Zeitalter der Digitalisierung sowie ihrer Ökonomisierung ein hohes Wirtschaftsgut und damit ein Wirtschaftsfaktor. Werden in dieser Situation vermehrt datenschutzrechtliche Verstöße begangen, führt dies dazu, dass diese Verstöße gleiche Marktchancen und damit einen unverfälschten Wettbewerb verhindern (können) (ähnlich Galetzka K&R 2016, 77, 78). Aufgrund dessen erscheint es überlegenswert, datenschutzrechtliche Verstöße mit Mitteln des Wettbewerbsrechts zu ahnden (ebenso Schaffert, a.a.O., S. 467–472, der die Frage der Ahndung von der im Einzelfall verletzten Norm abhängig machen will).

b) Datenschutznormen als Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG

Ob eine Geltendmachung insbesondere von Unterlassungs- und Kostenerstattungsansprüchen auf Basis datenschutzrechtlicher Verstöße überhaupt in Betracht kommt, und – sofern dies positiv zu beantworten ist (so ausdrücklich Ernst WRP 2004, 1133, 1137) – die Verletzung welcher Datenschutzrechtnormen geltend gemacht werden kann, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Für eine Qualifikation einer Datenschutznorm als Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG ist erforderlich, dass der verletzten Norm zumindest eine sekundäre Schutzfunktion zugunsten des Wettbewerbs zukommen muss; es wird nur ein Verstoß gegen solche Normen erfasst, die zumindest auch das Marktverhalten im Interesse aller Marktbeteiligten regeln (BT-Drucks 15/1487, 19 zu § 4 Nr. 11 UWG a.F., unter Hinw. auf BGH, Urt. v. 25.4.2002 – I ZR 250/00; zuletzt BGH, Urt. v. 23.6.2016 – I ZR 71/15; ebenso: Galetzka K&R 2016, 77, 78).

Einige Gerichte werten Datenschutz-Regelungen nur als Schutznormen für das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung und lehnen den Charakter als Marktverhaltensregelung ab (z.B. OLG Dresden, Urt. v. 26.3.2013 – 14 U 1776/12 – betr. §§ 12, 14 TMG, § 3a BDSG, § 12 SächsDG, anders aber wohl betr. § 28 BDSG; offen gelassen in der Revision von BGH, Beschl. v. 13.3.2014 – I ZR 78/13; ebenso zuvor OLG Frankfurt, Urt. v. 30.6.2005 – 6 U 168/04 – betr. § 4 BDSG).

Die weit überwiegende Ansicht in der Rechtsprechung vertritt jedoch die Ansicht, jeweils auf Basis der verletzten Form zu entscheiden, ob wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestehen. Diese normbezogene Ansicht ist zu begrüßen. Grundlage der jeweiligen Entscheidung ist die Prämisse des Wettbewerbsrechts, gleiche und damit ausgewogene Marktchancen für alle Teilnehmer zu gewährleisten. Da Daten zu einem Wirtschaftsgut geworden sind, ist von einem Datenschutzverstoß nicht nur das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen tangiert, sondern in Folge der Kommerzialisierung der Daten auch jeder Marktteilnehmer (inkl. der Mitbewerber), der sich an die Vorgaben des Datenschutzrechts hält und aufgrund des nicht-rechtskonformen Verhaltens des Verletzers andere, nämlich ungleiche, Marktchancen hat. Datenschutznormen, die daher die Erhebung und Nutzung von Daten zu kommerziellen Zwecken, mit Ausnahme der Erhebung der Daten zwecks Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen (§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG), zum Gegenstand haben, sind daher als Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG zu qualifizieren (so zu Recht Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 3a Rn 1.74; Galetzka K&R 2015, 77, 78, der aber einen Wettbewerbsbezug bei rein innerbetrieblichen Vorgängen ablehnt). Dies trifft insbesondere auf Normen zu, die die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten zum Zwecke der Werbung zum Gegenstand haben (vgl. Robak GRUR-Prax 2016, 139, 140).

Der Bestand wettbewerbsrechtlicher Ansprüche ist damit eine Einzelfallentscheidung. Ungeachtet dessen können jedoch bereits Fallgruppen identifiziert werden, in denen die Rechtsprechung wettbewerbsrechtliche Ansprüche zugestanden hat:

aa) Datenverarbeitung ohne Einwilligung des Betroffenen

(1) Versendung von Werbenachrichten

§ 28 Abs. 3 S. 1 BDSG setzt für die Verarbei...

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