Ebenfalls von Legal Tech ist im Zusammenhang mit Online-Rechtsdienstleistern die Rede, die Rechtsdienstleistungen direkt Verbrauchern anbieten und hierdurch in Konkurrenz zu Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten treten. Sie setzen Legal Tech zur effizienten Bearbeitung massenhaft gleichgelagerter Fälle ein (Fiedler/Grupp, DB 2017, 1071, 1075). Sie sind auf ein oder mehrere klar begrenzte Rechtsgebiete spezialisiert, auf dem zahlreich gleichgelagerte Fälle akquiriert werden können. Beispielsweise ist „Conny” – berühmt durch die BGH-Rechtsprechung zu seinem Angebot weniger-miete.de (s. dazu BGH, Urt. v. 27.11.2019 – VIII ZR 285/18, ZAP EN-Nr. 2/2020) – auf die Durchsetzung juristischer Ansprüche aus dem Bereich des Mietrechts spezialisiert. Das Tätigkeitsfeld von FlightRight, des Pioniers der deutschen Legal-Tech-Unternehmen, sind Ansprüche nach der EU-Fluggastrechteverordnung.

 

Hinweis:

In seiner Dissertation „Legal Tech-Anwendungen” aus dem Jahr 2020 hat Daniel Timmermann eine ausführliche Übersicht über die im Einsatz befindliche Legal Tech erstellt.

Viele Legal-Tech-Unternehmen werden aufgrund einer Inkassolizenz gem. § 2 Abs. 2 RDG tätig. Bereits 2019 entschied der BGH, dass der Begriff der Rechtsdienstleistung in Gestalt der Inkassodienstleistung großzügig auszulegen sei (BGH, Urt. v. 27.11.2019 – VIII ZR 285/18, a.a.O.). Es folgten zahlreiche weitere in die gleiche Richtung gehende Urteile (z.B. BGH, Urteile v. 8.4.2020 – VIII ZR 130/19, juris Rn 30 ff.; v. 27.5.2020 – VIII ZR 121/19, juris Rn 19 ff.; v. 27.5.2020 – VIII ZR 31/19, juris Rn 23 ff.; v. 27.5.2020 – VIII ZR 128/19, juris Rn 27 ff.; v. 27.5.2020 – VIII ZR 129/19, juris Rn 27 ff.; v. 19.1.2022 – VIII ZR 123/21; v. 30.3.2022 – VIII ZR 256/21; v. 30.3.2022 – VIII ZR 358/20).

Es gibt aber auch Legal-Tech-Unternehmen, deren Geschäftskonzept die Einziehung der Forderung auf eigene Rechnung, d.h. ein echtes Factoring, vorsieht (z.B. die RightNow GmbH, B. Quach in: Chibanguza/Kuß/Steege, Künstliche Intelligenz, S. 1137 f. spricht von Consumer Claims Purchasing).

Legal-Tech-Unternehmen, die Vertragsgeneratoren online anbieten, haben nicht die Möglichkeit, eine Erlaubnis nach § 10 RDG zu beantragen, da eine solche nur für Inkassodienstleistungen, Rentenberatung und Rechtsdienstleistungen im ausländischen Recht erteilt werden kann. Es stellte sich somit die Frage, ob sie durch ihre Tätigkeit eine (unerlaubte) Rechtsdienstleistung erbringen. Der BGH hat mit einem den Dokumenten- und Vertragsgenerator „Smartlaw” betreffenden Urt. v. 9.9.2021 (I ZR 113/20, ZAP EN-Nr. 58/2022) entschieden, dass der Betrieb eines Vertragsgenerators keine erlaubnispflichtige, außergerichtliche Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 RDG darstellt. Mithilfe des Vertragsgenerators konnten – nach der Beantwortung einer Vielzahl abstrakter Fragen – Rechtsdokumente, insb. Verträge verschiedenen Inhalts, generiert werden. Die Erstellung des gewünschten Dokuments stelle keine Tätigkeit in einer konkreten Angelegenheit dar. Stattdessen seien die Lösungen von fiktiven Einzelfällen hinterlegt, auf deren Grundlage das Dokument generiert werde. Spannend wird es, wenn bei einem künftigen Vertragsgenerator ein LLM zum Einsatz kommt. Da dieses nicht aufgrund von hinterlegten Einzelfällen regelbasiert arbeitet, könnte es die vom BGH gesetzte Hürde für die Bejahung einer Rechtsdienstleistung überwinden.

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