Eine wichtige Entscheidung zum anwaltlichen Berufsrecht hat kürzlich der Anwaltssenat des BGH gefällt. Danach kann ein Rechtsanwalt, dessen Zulassung wegen Überschuldung widerrufen wurde, nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens geltend machen, dass er seine Schulden inzwischen beglichen hat. Verpasst er diesen Zeitpunkt, sind die Tilgungen erst in einem Wiederzulassungsverfahren zu berücksichtigen. Der Senat zeigte allerdings auch einen Weg auf, wie der betroffene Anwalt in solchen Fällen seine lückenlose Anwaltszulassung trotz des zwischenzeitlichen Widerrufs behalten und seine Mandanten weiterhin betreuen kann (BGH, Beschl. v. 20.12.2022 – AnwZ (Brfg) 22/22).

Der Fall: Die RAK Hamburg hatte die Zulassung des Rechtsanwalts, der zuvor in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden war, nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen. Dagegen richtete der Kollege seinen Widerspruch, den die Kammer jedoch zurückwies. Eine Klage gegen den Widerrufsbescheid vor dem AGH Hamburg blieb erfolglos. Ebenfalls keinen Erfolg hatte sein anschließender Antrag auf Zulassung der Berufung beim BGH, mit dem er geltend machte, die dem Eintrag ins Schuldnerverzeichnis zugrunde liegende Forderung sei zum Zeitpunkt des Widerrufs seiner Zulassung bereits getilgt worden.

Der Anwaltssenat führte aus, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Zulassungswiderrufs allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens abzustellen ist. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Kollege in Vermögensverfall befunden, wie der AGH festgestellt habe. Um diesen Vermögensverfall zu widerlegen, hätte der Schuldner ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten vorlegen müssen. Zudem hätte er widerspruchsfrei und vollständig darlegen sowie belegen müssen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind. Dies habe er aber nicht getan; auch die von ihm behauptete Tilgung der Schulden habe er bis zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids nicht ausreichend nachgewiesen.

Der Anwaltssenat des BGH zeigte in seiner Entscheidung jedoch auch einen Weg auf, wie in derartigen Fällen die (späte) Schuldentilgung doch noch hilfreich sein kann, um die Zulassung lückenlos zu behalten und so die Mandanten weiter betreuen zu können. Der betroffene Kollege könne direkt nach dem Widerrufsbescheid einen Antrag auf Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft stellen. Bei nachträglichem Wegfall des Widerrufsgrundes habe er nämlich einen Anspruch auf sofortige Wiederzulassung; dieser setze nicht voraus, dass erst die Rechtskraft des Verfahrens über den Widerruf abgewartet werden müsste. Seien die Voraussetzungen für die Wiederzulassung erfüllt, sei die Rechtsanwaltskammer hierzu auch zeitnah verpflichtet, wie sich aus § 32 Abs. 2 S. 1 BRAO i.V.m. § 42a Abs. 2 VwVfG ergebe. Auf diesem Weg sei es möglich, eine lückenlose Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sicherzustellen und die Interessen der Mandanten durchgehend zu vertreten.

[Quelle: BGH]

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