Zum Kindesunterhalt bei beschränkter Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen hat der BGH (FamRZ 2019, 1415 = MDR 2019, 1063 = FamRB 2019, 337 m. Hinw. Liceni-Kierstein) klarstellende Hinweise zu einigen Fragen gegeben:

  • Berücksichtigung von Verbindlichkeiten

    Ob Verbindlichkeiten bei der Bestimmung des Kindesunterhalts zu berücksichtigen sind (vgl. BGH FamRZ 2013, 616 u. 1558), kann nur im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung nach billigem Ermessen entschieden werden. Insoweit sind insb. der Zweck der Verbindlichkeit, der Zeitpunkt, die Art ihrer Entstehung, die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unterhaltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten von Bedeutung.

    Auch minderjährige Kinder müssen sich grds. Verbindlichkeiten zurechnen lassen, soweit sie in der Zeit des Zusammenlebens der Eltern zur Sicherung des gemeinsamen Lebensbedarfs eingegangen wurden, nicht dagegen solche, die der Deckung persönlicher Bedürfnisse des Unterhaltspflichtigen gedient haben. Im Hinblick auf die gegenüber Minderjährigen gesteigerte Unterhaltsplicht ist jedoch der Mindestunterhalt (§ 1612a Abs. 1 BGB) zu zahlen, soweit dies nicht nur auf Kosten einer ständig ansteigenden Verschuldung geschehen kann.

  • Obliegenheit zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens

    Im Rahmen einer gesteigerten Unterhaltsplicht kann die Obliegenheit bestehen, ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten, das es dem Unterhaltsberechtigten ermöglicht, für den laufenden Unterhalt auf den Differenzbetrag zwischen dem Pfändungsfreibetrag (§ 850c ZPO) und dem dem Schuldner zu belassenden Unterhalt (§ 850d Abs. 1 S. 2 ZPO) zuzugreifen.

  • Anteilige Bedarfsdeckung mehrerer Berechtigter

    Soweit die zur Leistung des Unterhalts zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, den Bedarf mehrerer gleichrangiger minderjähriger Kinder zu decken, beschränken sich die einzelnen Ansprüche gegenseitig (§ 1603 Abs. 2 BGB), sodass eine proportionale Kürzung zum jeweiligen Unterhaltsbedarf erfolgt. Maßgeblicher Einsatzbetrag ist der Anspruch jedes Berechtigten, der diesem bei voller Leistungsfähigkeit zustehen würde.

  • Einsatz der durch Wegfall konkurrierender Ansprüche vorhandenen Mittel

    Müssen von konkurrierenden gleichrangigen Kindesunterhaltsverpflichtungen einzelne gem. § 1613 Abs. 1 BGB nicht mehr erfüllt werden, steht dieses Geld i.S.d. § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB für anderweitigen Mindestkindesunterhalt zur Verfügung. In Abgrenzung zu BGH FamRZ 2005, 1154 gilt dies auch, soweit sich auf der Grundlage konkreter Umstände für die Zukunft prognostizieren lässt, dass einzelne gleichrangige Kindesunterhaltsansprüche nicht geltend gemacht werden.

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