Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat den vom Bundesfinanzministerium Ende Januar in die Ressortabstimmung gegebenen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung von Steuergestaltungen scharf kritisiert.

Nach der EU-Richtlinie 2018/822/EU vom Mai 2018 muss Deutschland bis Ende 2019 eine Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen einführen. So sind künftig Steuergestaltungen anzuzeigen, wenn sie bestimmte Kriterien (sog. Hallmarks) erfüllen. Diese Kriterien sind sehr weit gefasst und nicht durch Untergrenzen beschränkt. Erfasst werden auch alltägliche und häufig genutzte legale Gestaltungen, die zu einer steuerlichen Optimierung führen. Die Größe der individuellen Steuerlast oder des beabsichtigten steuerlichen Vorteils sind nach den Vorgaben der EU-Richtlinie ohne Bedeutung.

Anzeigepflichtig ist vorrangig der steuerliche Berater (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt und andere, sog. Intermediäre), der die Gestaltung entwickelt, vermarktet oder hierzu berät. In Ausnahmefällen, wenn beispielsweise eine berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht besteht, kann die Meldepflicht auf den Steuerpflichtigen selbst übergehen. Die Richtlinie sieht gleichwohl stets nur einen Verantwortlichen für die Abgabe der Meldung vor.

Der jetzt vorgelegte deutsche Gesetzentwurf geht allerdings über diese Vorgabe hinaus und sieht eine Meldepflicht auch für rein nationale Steuergestaltungen vor. Damit soll der Gesetzgeber in die Lage versetzt werden, bestehende Gesetzeslücken schneller durch eine Anpassung des Steuerrechts zu schließen. Erfasst werden sollen auch legale Steuergestaltungen, die allein aus den bestehenden Gesetzen entwickelt werden.

Zusätzlich spaltet der Gesetzentwurf die Anzeigepflicht auf. So ist der Intermediär künftig stets in der Pflicht, die geplante Steuergestaltung anzuzeigen. Zudem muss auch der Steuerpflichtige die Verwendung der Steuergestaltung anzeigen. Damit sind künftig i.d.R. zwei Meldungen für ein und denselben Sachverhalt abzugeben.

Die BRAK sieht darin die Gefahr, dass eine solche Aufteilung der Meldepflicht die "ohnehin zu erwartende Meldeflut" noch potenzieren und bei allen Beteiligten zu erheblich mehr Bürokratie führen wird. Der Referentenentwurf setze sich nicht mit der Frage auseinander, ob die personelle Ausstattung der Verwaltung eine Bearbeitung der Meldungen überhaupt zulasse. Ein Vergleich mit zehntausenden eingehenden, nicht abschließend bearbeiteten, Geldwäschemeldungen bei der Financial Intelligence Unit (FIU) lasse begründete Zweifel aufkommen. Auch die beim Bundeszentralamt für Steuern eingehenden, aber derzeit nicht an die Bundesländer übertragbaren Daten aus dem Abkommen zum Internationalen Informationsaustausch stimmten diesbezüglich pessimistisch.

Die geplante Einführung der Anzeigepflicht für rein nationale Gestaltungsmodelle sieht die BRAK ebenfalls kritisch. Der Finanzverwaltung stünden derzeit ausreichend Instrumente zur Verfügung, um unerwünschte Gestaltungen aufzudecken. Die Regelung zur verbindlichen Auskunft des Fiskus könnte um einen Auskunftsanspruch ergänzt werden. Dies böte einen Anreiz, die Finanzverwaltung über Gestaltungen zu informieren und damit frühzeitig Rechtssicherheit auf beiden Seiten zu schaffen. Die Lösung könne nicht darin liegen, Rechtsberater zum Erfüllungsgehilfen des Steuergesetzgebers zu machen. Insbesondere bei anwaltlicher Beratung müsse sich der Mandant auf den Schutz des Mandatsgeheimnisses verlassen können. Dieser liefe ansonsten leer, ganz gleich ob eine Meldung durch den Berater oder den Mandanten selbst zu erfolgen habe.

Die BRAK fordert daher, die EU-Richtlinie ohne jegliche inhaltliche Erweiterung umzusetzen. "Die absolute Vertraulichkeit mandatsbezogener Kommunikation muss geschützt werden. Das Persönlichkeitsrecht der Mandanten und die Institution einer freien und unabhängigen Anwaltschaft dürfen nicht durch Meldepflichten ausgehöhlt werden. Wir lehnen eine Anzeigepflicht – für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gleichermaßen wie für Mandantinnen und Mandanten – daher nachdrücklich ab", so BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels.

[Quelle: BRAK]

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