Im Rechtsausschuss des Bundestages fand im Dezember eine Anhörung zur geplanten Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts statt (vgl. zum Vorhaben zuletzt Anwaltsmagazin ZAP 17/2020, S. 889). Mit der Reform soll das seit rund 120 Jahren geltende Vormundschafts-, Betreuungs- und Pflegschaftsrecht sowie in Teilen auch das Kindschaftsrecht grundlegend neu strukturiert werden. Ebenso wie bereits im Herbst die Bundesrechtsanwaltskammer (s. Anwaltsmagazin a.a.O.) kritisierte nun auch in der Ausschussanhörung der Deutsche Juristinnenbund (djb) die Absicht, eine gegenseitige gesetzliche Vertretung der Ehepartner im Bereich der Gesundheitssorge einzuführen.

Ein "Ehegattenvertretungsrecht" habe sich aus nachvollziehbaren Gründen bislang nicht durchsetzen können, argumentieren die Juristinnen. Dass dies nun der dritte Versuch sei, ein gesetzliches Vertretungsrecht des Ehepartners auf den parlamentarischen Weg zu bringen, lasse deutliche Zweifel an dessen Notwendigkeit aufkommen. Wenn Ehepartner in Ausnahmesituationen (und nur darauf solle die Vorschrift zugeschnitten sein) füreinander Verantwortung und Vertretung in Angelegenheiten der Gesundheitssorge übernehmen wollten, sei das Ziel seit Jahren über Vorsorgevollmachten problemlos zu erreichen. Nicht nur Ehepartner könnten ihrem Willen ohne größeren Aufwand (und ohne Verpflichtung zu einer notariellen Beurkundung) in einer Vorsorgevollmacht Ausdruck verleihen. Diese Option hätten bis 2019 bereits über 4,6 Mio. Personen genutzt. Die Zahlen belegten eindrucksvoll, dass sich der Umgang mit Vorsorgevollmachten in der Bevölkerung durchgesetzt habe.

Mit einem gesetzlichen Vertretungsrecht könnte nun das Ziel der Versorgungsvollmachten unterwandert werden, da sich ein Nebeneinander beider Rechtsinstitute nicht plausibel vermitteln lasse. So könnte dies leicht zu der – unzutreffenden – Annahme führen, eine zusätzliche Vorsorgevollmacht sei nicht mehr nötig. Es sei zu bezweifeln, dass allen Betroffenen die Details der beabsichtigten gesetzlichen Regelung bewusst seien, wonach sie bei der Ausübung ihres Vertretungsrechts an enge Vorgaben gebunden sind.

Der Verweis des Gesetzgebers auf das Einsparpotenzial i.H.v. ca. 2 Mio. EUR für die Tätigkeit von Rechtspflegern und Richtern könne ebenfalls nicht überzeugen, da es erstens nicht gesichert ist und zweitens die Kosten bezogen auf 16 Bundesländer Marginalien im Justizhaushalt darstellten.

Der Gesetzentwurf lasse zudem keine Missbrauchskontrolle zu, berge Haftungsrisiken für Ärzte und sei geeignet, im Anwendungsfall erhebliches Konfliktpotential in die Familien hineinzutragen.

[Quelle: djb]

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