Der Arbeitgeber ist darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass er dieser Mitwirkungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer tatsächlich nachgekommen ist. Es ist also dringend anzuraten, dass der jährliche Hinweis auf den bestehenden Urlaubsanspruch in der Personalakte dokumentiert wird.

 

Hinweise:

Einzelne Landesarbeitsgerichte (LAG) haben zwischenzeitlich entschieden, wie die Hinweispflicht durch den Arbeitgeber zu erfüllen ist:

Ein allgemeiner Hinweis im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG Urlaubsgrundsätze) oder in einem anzuwendenden Tarifvertrag reicht dabei nicht aus. Auch ein versteckter Hinweis durch die bloße Angabe einer Zahl in der Verdienstabrechnung über die Urlaubstage aus dem Vorjahr/laufenden Kalenderjahr dürfte ebenfalls nicht ausreichend sein (so Geiger, NZA 2020, 359, mit dem Hinweis, dass es sich um eine Wissenserklärung und keine Willenserklärung handele, die den Arbeitgeber nicht von der Beweisbedürftigkeit entbinde). Ob ein mündlicher Hinweis des Vorgesetzten, der Arbeitnehmer möge seinen Urlaubsanspruch bis Jahresende vollständig nehmen, ausreicht, ist umstritten.

1. Formvorschriften für die Mitteilung des Arbeitgebers

Strenge förmliche Formvorschriften für die Mitteilung verlangt die Rechtsprechung des EuGH und des BAG allerdings nicht. Wie so oft kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Der Arbeitgeber sollte jedoch bedenken, dass er für die Mitteilung an den Arbeitnehmer in vollem Umfang beweisbelastet ist, schon allein aus diesem Grund empfiehlt sich die Mitteilung an den Arbeitnehmer in Textform bzw. je nach betrieblichen Gepflogenheiten auch schriftlich. Vorsicht ist geboten, wenn die Mitteilung über den Urlaubsanspruch zusammen mit anderen Mitteilungen an den Arbeitnehmer, wie z.B. Hinweise zur Arbeitszeiterfassung oder Hinweise zum Verhalten bei Meldung einer Arbeitsunfähigkeit, vorgenommen wird. Hier sollte die Mitteilung zum Urlaub deutlich optisch und gestalterisch z.B. durch eine andere Schrift oder Schriftfarbe von den übrigen Mitteilungen abgesetzt werden, damit der Arbeitnehmer ohne Weiteres die Bedeutung und die Rechtsfolgen erkennen kann.

Der Arbeitgeber muss jedes Jahr erneut auf den Urlaubsanspruch hinweisen. Der Arbeitgeber selbst, die Personalverwaltung bzw. der Vorgesetzte sollten also unbedingt organisatorische Maßnahmen ergreifen, damit die jährliche Mitteilung gewährleistet ist.

2. Grenzen der Fürsorgepflicht

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, so auch konkretisiert in § 3 ArbSchG (Gesundheitsschutz), geht allerdings nicht so weit, dass dieser sich aktiv darum kümmert, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub tatsächlich komplett nimmt. Es ist und bleibt Sache des Arbeitnehmers, dass dieser rechtzeitig, ggf. unter Berücksichtigung betriebsinterner Grundsätze zur Beantragung und Gewährung von Urlaub, Urlaub beantragt und auch nimmt. Der EuGH verlangt nur, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt wird, seinen Urlaub zu nehmen. Der Arbeitnehmer kann nicht gezwungen werden, Urlaub zu nehmen.

3. Hinweispflicht bei (Teil-)Inanspruchnahmen

Weiter stellt sich die Frage, wie oft der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf hinweisen muss. Es bietet sich an, dass dies zu Beginn des Jahres erledigt wird. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, nach jeder (Teil-)Inanspruchnahme von Urlaubstagen erneut auf den Resturlaub in diesem Kalenderjahr hinzuweisen.

Es gibt jedoch Fallkonstellationen, in denen sich eine weitere Mitteilung anbietet. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn Alturlaub nach § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG auf das Folgejahr übertragen worden ist. Dieser ist zu trennen vom Urlaubsanspruch des laufenden Kalenderjahres. Der Alturlaub verfällt nach dem Gesetz zum 31.3. des Folgejahres. Eine andere Konstellation, bei der der Arbeitgeber auf den Urlaubsanspruch hinweisen sollte, ist, sind die Fälle, in denen der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Belange nach § 7 Abs. 1 BUrlG (z.B. Personalmangel, Projektabgabefrist, Beseitigung von Katastrophenschäden) die Inanspruchnahme von Urlaub abgelehnt hat.

In der Praxis sollte dann eine weitere Mitteilung an den Arbeitnehmer nicht zu knapp vor Jahresende, sondern – je nach Anzahl der offenen Urlaubstage – zu Beginn des dritten Quartals, jedoch spätestens zu Beginn des vierten Quartals erfolgen (vgl. auch Bayreuther, NZA 2019, 945, 946).

4. Hinweispflicht auch für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen

Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers gilt nicht nur für den gesetzlichen Mindesturlaub nach BUrlG, sondern auch für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 208 SGB IX (vgl. LAG Niedersachsen, Urt. v. 16.1.2019 – 2 Sa 567/18, NZA 2019, 475 ff.).

5. Hinweispflicht bei (tarif-)vertraglich vereinbartem Mehrurlaub

Streitig ist die Frage, ob die Hinweispflicht nicht...

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