Gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 RVG wird die gesetzliche Vergütung unter den näher beschriebenen Voraussetzungen auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgesetzt. Der Vergütungsfestsetzungsantrag des Auftraggebers ist nach meinen Erfahrungen aus der Praxis eher ein Exot. Ich selbst habe nur zwei Vergütungsfestsetzungsverfahren bearbeitet, in denen der Auftraggeber Antragsteller war, während die ganz überwiegende Anzahl der Anträge im vierstelligen Bereich von den betreffenden Rechtsanwälten gestellt wurde. § 11 Abs. 1 S. 1 RVG stellt seinem Wortlaut nach auf die Vergütung des Rechtsanwalts ab.

Ob auch ein Patentanwalt gem. § 11 RVG die Festsetzung seiner Vergütung gegen seinen Auftraggeber verlangen kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten:

  • Nach einer Auffassung kann auch der Patentanwalt die Vergütungsfestsetzung gem. § 11 RVG betreiben, so BPatG – 1. Senat – BPatGE 45, 76 = BRAGOreport 2002, 127 [Hansens]; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 143 Rn. 19; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 55; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 140 Rn. 58; Hartmann, KostG, 45. Aufl., § 11 RVG Rn. 22, sofern der Patentanwalt nach dem RVG abrechnet; Kurtz MittdtschPatAnw 2009, 507).
  • Nach der Gegenmeinung kann die Vergütung des Patentanwalts nicht gem. § 11 RVG gegen den Auftraggeber festgesetzt werden (BPatG – 2. Senat – BPatGE 18, 164; OLG Düsseldorf InstGE 10, 57 = MittdtschPatAnw 2009, 518; OLG München Rpfleger 1978, 67; Benkard/Schäfers, PatG, 10. Aufl., § 80 Rn. 55; Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 11 Rn. 8; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., § 11 Rn. 30).

Der BGH (RVGreport 2015, 417 [Hansens]) hat sich neulich der letztgenannten Auffassung, die auch die Vorinstanzen vertreten hatten, angeschlossen. Dabei waren für den BGH folgende Umstände maßgebend: Der BGH hat zunächst auf den Gesetzeswortlaut verwiesen, der allein den Rechtsanwalt nenne. Ferner hat der BGH darauf verwiesen, dass die Vergütung des Patentanwalts anders als diejenige des Rechtsanwalts nicht gesetzlich festgelegt werde. Auch wenn der Patentanwalt unter Heranziehung der Vergütungsvorschriften des RVG abrechne, treffe er dabei gem. §§ 315 Abs. 1, 316 BGB die ihm überlassene Leistungsbestimmung einseitig nach billigem Ermessen. Die Vergütung des Rechtsanwalts ergebe sich demgegenüber aus dem Gesetz.

Auch für eine entsprechende Anwendung des § 11 RVG auf Patentanwälte hat der BGH keine Veranlassung gesehen. Es fehle nämlich an einer planwidrigen Regelungslücke. Schließlich waren für den BGH auch nicht die Erstattungsvorschriften der § 143 Abs. 3 PatG, § 140 Abs. 3 MarkenG und § 27 Abs. 3 GebrMG maßgebend, nach denen für die Mitwirkung eines Patentanwalts die Gebühren nach § 13 RVG erstattungsfähig seien. Dies betrifft nach Auffassung des BGH lediglich das Erstattungsverhältnis zum Gegner und nicht das Verhältnis zwischen dem Patentanwalt und seinem Auftraggeber.

 

Praxishinweis:

Da nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH den Patentanwälten die vereinfachte Durchsetzung ihres Vergütungsanspruchs gegen den Auftraggeber im Verfahren nach § 11 RVG verschlossen ist, können aufwendige Honorarprozesse nur dadurch vermieden werden, dass die Patentanwälte möglichst die gesamte Vergütung vorschussweise von dem Auftraggeber fordern.

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