Alle in der KW 47 veröffentlichten BGH-Leitsatzentscheidungen

Kompakt und aktuell: Hier finden Sie einen Überblick der in der KW 47 vom Bundesgerichtshof veröffentlichten sog. Leitsatzentscheidungen.

Datum und Az.

Leitsatz

Normen

BGH, Urteil v. 23.10.2023, VIa ZR 468/21

1. Der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs kann unter den Voraussetzungen des Senatsurteils vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 80, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen. In diesem Fall muss er sich bei der Bemessung des Differenzschadens gemäß § 242 BGB so behandeln lassen, als hätte er einen aus dem Software-Update resultierenden Vorteil tatsächlich erzielt.

2. In der Nichtausübung eines verbrieften Rückgaberechts liegt auch mit Blick auf den Differenzschaden keine Verletzung der Schadensminderungspflicht, weil das verbriefte Rückgaberecht dem Schadensersatzanspruch nicht gleichwertig ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 11. April 2022 - VIa ZR 135/21, juris Rn. 8).

§ 242 BGB, § 249 BGB, § 254 Abs 2 S 1 Alt 2 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 6 Abs 1 EG-FGV, § 27 Abs 1 EG-FGV

BGH, Urteil v. 9.11.2023, VII ZR 190/22

Eine Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, ist wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 RDG geregelte gesetzliche Verbot nach § 134 BGB nichtig.

§ 134 BGB, § 311 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 3 RDG, § 33 HOAI 2009

BGH, Urteil v. 10.10.2023, X ZR 123/22

Als zumutbare Maßnahmen im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO kommen nicht nur Ersatzbeförderungen in Betracht, mit denen die Verspätung am Endziel auf weniger als drei Stunden begrenzt werden kann.

Art 5 Abs 3 EGV 261/2004

BGH, Beschluss v. 17.10.2023, 1 StR 151/23

1. Das Merkmal „mit einem von den Goldmärkten akzeptierten Gewicht“ im Sinne des § 25c Abs. 2 Nr. 1 UStG bedingt, dass in die Barren oder Plättchen Angaben des Herstellers, des Gewichts und des Goldfeingehalts eingestanzt sind.

2. Zur Entstehung deutscher Einfuhrumsatzsteuer bei Zollverstößen in anderen Mitgliedstaaten.

§ 21 Abs 2 Halbs 1 UStG, § 25c Abs 2 Nr 1 UStG, Art 70 EGRL 112/2006, Art 71 Abs 2 EGRL 112/2006, Art 79 Abs 1 Buchst a EUV 952/2013

BGH, Urteil v. 27.9.2023, VIII ZR 88/22

Zur Untervermietung bei einer aus beruflichen Gründen genutzten Nebenwohnung (im Anschluss an Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200; vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 und vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 105/17, BGHZ 217, 263)

§ 553 Abs 1 BGB

BGH, Beschluss v. 10.10.2023, VIII ZB 60/22

Zu den an einen Rechtsanwalt zu stellenden Sorgfaltsanforderungen hinsichtlich der Bezeichnung des Empfangsgerichts im besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA), wenn der Rechtsanwalt die Versendung eines fristgebundenen Schriftsatzes über das beA selbst ausführt.

§ 233 ZPO

BGH, Urteil v. 10.10.2023, VI ZR 287/22

1. Das Vorschriftszeichen 220 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 StVO gebietet, dass die Einbahnstraße nur in vorgeschriebener Fahrtrichtung befahren werden darf. Verboten ist auch das Rückwärtsfahren entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung. Lediglich (unmittelbares) Rückwärtseinparken („Rangieren“) ist – ebenso wie Rückwärtseinfahren aus einem Grundstück auf die Straße – kein unzulässiges Rückwärtsfahren auf Richtungsfahrbahnen gegen die Fahrtrichtung.

2. Zur Anwendung des Anscheinsbeweises bei einem Verkehrsunfall (hier: Zusammenstoß eines aus einer Grundstückszufahrt auf eine Einbahnstraße einfahrenden Fahrzeugs mit einem auf der Einbahnstraße unzulässig rückwärts fahrenden Fahrzeug).

§ 41 Abs 1 StVO, § 286 ZPO

BGH, Beschluss v. 7.11.2023, X ZB 7/21

Doppelvertretung im Patentnichtigkeitsverfahren II

1. Die Ankündigung einer gerichtlichen Inanspruchnahme aus dem mit einer Nichtigkeitsklage angegriffenen Patent lässt bei typisierender Betrachtung noch nicht die Schlussfolgerung zu, dass eine Doppelvertretung durch einen Patentanwalt und einen Rechtsanwalt zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nichtigkeitsverfahren notwendig ist.

2. Nichts anderes gilt für die Hinterlegung einer Schutzschrift durch den Nichtigkeitskläger und eine gegen Mitarbeiter des Nichtigkeitsklägers gestellte Strafanzeige wegen Patentverletzung (Ergänzung zu BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2012 - X ZB 11/12, BGHZ 196, 52 = GRUR 2013, 427 - Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren I).

§ 84 Abs 2 S 2 PatG, § 91 Abs 1 S 1 ZPO

BGH, Urteil v. 5.10.2023, III ZR 216/22

Anlagebedingungen, Transparenzkontrolle

Zur Transparenzkontrolle der Anlagebedingungen einer Kapitalverwaltungsgesellschaft eines inländischen Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW).

§ 307 Abs 1 S 2 BGB

BGH, Urteil v. 26.09.2023, X ZR 76/21

Farb- und Helligkeitseinstellung

Eine Verallgemeinerung ist unzulässig, wenn den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen ist, dass einzelne Merkmale in untrennbarem Zusammenhang miteinander stehen, der Patentanspruch diese Merkmale aber nicht in ihrer Gesamtheit vorsieht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - X ZR 41/14, GRUR 2016, 1038 Rn. 48 - Fahrzeugscheibe II; Urteil vom 17. Februar 2015 - X ZR 161/12, BGHZ 204, 199 Rn. 31 - Wundbehandlungsvorrichtung; Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung).

Art 2 § 6 Abs 1 S 1 Nr 3 IntPatÜbkG, § 21 Abs 1 Nr 4 PatG

Schlagworte zum Thema:  Bundesgerichtshof (BGH), Urteil