LG Lübeck: Frist zur Nacherfüllung bei Mängeln beim Tierkauf

Stellt sich nach dem Kauf eines Tieres eine Erkrankung des Tieres heraus, ist zur Geltendmachung von Gewährleistungsrechten eine Frist zur Nacherfüllung nur entbehrlich, wenn eine sofortige Notfallbehandlung des Tieres erforderlich ist.

Dies hat das LG Lübeck im Fall des Kaufs von 2 Katzen entschieden. Die Klägerin hatte kurz nach dem Kauf der Tiere diese, aufgrund deren schlechten Gesundheitszustandes tierärztlich behandeln lassen und forderte anschließend die Behandlungskosten in Höhe von ca. 700 EUR von der Verkäuferin erstattet.

Frist zur Nacherfüllung aus Tierwohlgründen entbehrlich?

Erstinstanzlich hatte die Klage auf Erstattung der aufgewandten Behandlungskosten vor dem AG Erfolg. Das Gericht wandte auf die Klageforderung kaufrechtliches Gewährleistungsrecht an und bejahte einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB. Zwar habe die Käuferin der Verkäuferin die nach diesen Vorschriften erforderliche Frist zur Nacherfüllung nicht gesetzt. Diese sei jedoch unter Anwendung der rechtlichen Wertung des § 90a BGB entbehrlich gewesen. Nach dieser Vorschrift seien Tiere keine Sachen und die für Sachen geltenden Vorschriften lediglich entsprechend anzuwenden. Unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs des Tierwohls habe die Klägerin aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes der Tiere unverzüglich eine Behandlung der Tiere einleiten dürfen, ohne durch eine Fristsetzung zur Nacherfüllung wertvolle Zeit zu verschenken und so eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Tiere zu riskieren.

Fristsetzung zur Nacherfüllung auch beim Tierkauf erforderlich

Dies sah das LG in der Berufungsinstanz anders. Der Anspruch eines Käufers auf Schadenersatz gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB setze grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Dies gelte auch beim Kauf eines Tieres (BGH, Urteil v. 23.2.2005, VIII ZR 100/04). Entbehrlich sei die Fristsetzung beim Kauf eines Tieres nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH nur dann, wenn der Zustand des Tieres eine unverzügliche tierärztliche Behandlung als Notmaßnahme erforderlich erscheinen ließe, die von der Verkäuferin selbst nicht mehr rechtzeitig veranlasst werden könne (BGH, Urteil v. 22.6.2005, VII ZR 1/05).

Notfallbehandlung im konkreten Fall nicht erforderlich

Das LG konnte im konkreten Fall nicht feststellen, dass ein Notfall im Sinne der BGH-Rechtsprechung vorgelegen hätte. Aufgrund des tierärztlich festgestellten schlechten Allgemeinzustandes der Tiere seien längerfristige Behandlungsmaßnahmen erforderlich gewesen, die aber nicht als Notfallversorgung zu qualifizieren seien. Nach den Feststellungen der behandelnden Tierärztin habe es sich um keine akute Erkrankung der Tiere gehandelt, deren Behandlung unaufschiebbar gewesen sei. Die Setzung einer kurzen Frist von ein paar Tagen sei angemessen und auch ausreichend gewesen. Bei deren erfolglosem Ablauf hätte die Klägerin anschließend selbst die Behandlung der Katzen auf Kosten der Beklagten in die Wege leiten können.

Eine Erkrankung der Tiere macht Fristsetzung allein noch nicht entbehrlich

Dies gilt im vorliegenden Fall nach dem Urteil des LG umso mehr, als ein wesentlicher Teil der angefallenen Kosten erst im Rahmen der zeitlich deutlich nach dem Kauf durchgeführten Behandlungsmaßnahmen angefallen sei. Das Erfordernis der Fristsetzung sei auch nicht dadurch entfallen, dass die Klägerin vor dem Arztbesuch möglicherweise nicht wusste, ob und wie krank die Katzen tatsächlich waren und ob die Erkrankung bereits zum Zeitpunkt des Kaufs vorgelegen oder möglicherweise erst anschließend eingetreten sei. Die Tatsache, dass der Käufer einer Sache bzw. eines Tieres nicht weiß, ob ein aufgetretener Defekt bzw. eine Erkrankung einen Mangel im Rechtssinn darstellt, entlaste ihn nicht von der Obliegenheit, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung, also in diesem Fall zur Behandlung auf eigene Kosten zu geben, bevor er selbst die Behandlung in Auftrag gibt.

Käuferin bleibt auf Behandlungskosten sitzen

Im Ergebnis hatte damit die Berufung der Verkäuferin gehen das erstinstanzliche Urteil Erfolg. Die Klage auf Erstattung der Behandlungskosten wurde in 2. Instanz abgewiesen.

(LG Lübeck, Urteil v. 7.3.2024, 14 S 92/21).

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