Das Kammergericht hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg. Der Senat befand, zwischen den Parteien sei ein Vergleich nach § 779 BGB zustande gekommen: Im Gegenzug für die Zahlung der 14.347,23 EUR nebst Anwaltskosten habe die Klägerin der Beklagten alle weiteren Forderungen erlassen – darunter auch die nun klageweise geltend gemachte.

Mit der ersten E-Mail vom 14.12.2018 (9.19 Uhr) habe die Klägerin ein Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Vergleichs abgegeben. Dieses Angebot habe die Beklagte durch Zahlung am 21.12.2018 angenommen; bis zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin nach § 147 Abs. 2 BGB an ihr Angebot gebunden gewesen.

Sodann war zu klären, ob die Klägerin ihren Antrag durch die zweite E-Mail um 9.56 Uhr rechtzeitig widerrufen hatte. Da der Widerruf nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB vorher oder gleichzeitig mit der zu widerrufenden Willenserklärung zugehen muss, kam es auf den genauen Zugangszeitpunkt der beiden E-Mails an. Auch eine E-Mail gehe – so der Senat – unter Abwesenden zu, wenn sie derart in Bereich des Empfängers gelangt sei, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit habe, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Für den vorliegenden Fall, dass die E-Mail im unternehmerischen Geschäftsverkehr innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt werde, sei sie dem Empfänger grds. in diesem Zeitpunkt, d.h. sofort zugegangen. Demnach ging die zweite E-Mail der Beklagten erst knapp 40 Minuten nach dem Angebot zu, sodass der Widerruf verspätet und damit unwirksam war.

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