Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der dringende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen schwerwiegenden Verfehlung einen Kündigungsgrund darstellen kann. Eine solche Verdachtskündigung, die neben der Tatkündigung einen eigenständigen Kündigungstatbestand bildet (BAG, Urt. v. 31.1.2019 – 2 AZR 426/18, NZA 2019, 893), liegt vor, wenn der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört (BAG, Urt. v. 13.3.2008 – 2 AZR 961/06, NZA 2008, 809). Dies kann zum einen als wichtiger Grund i. S.d. § 626 Abs. 1 BGB zur Rechtfertigung einer außerordentlichen (Verdachts-)Kündigung führen. Zum anderen ist auch eine (ggf. hilfsweise ausgesprochene) ordentliche Verdachtskündigung denkbar, bei der es sich stets um eine personenbedingte Kündigung handelt, wobei die Kündigung nur dann durch den bloßen Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers bedingt ist, wenn das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtig ist, – wäre es erwiesen – auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte, sodass im Hinblick auf den Kündigungsgrund die Anforderungen an die fristgerechte Verdachtskündigung den Anforderungen an eine fristlose Verdachtskündigung entsprechen (BAG, Urt. v. 31.1.2019 – 2 AZR 426/18, a.a.O.; Klinkhammer, ArbRAktuell 2020, 7; vertiefend zur Verdachtskündigung und ihren Problemen Eylert, NZA-RR 2014, 393).

Die Voraussetzungen einer außerordentlichen verhaltensbedingten Verdachtskündigung sind u.a.:

  1. Dringender Verdacht einer Straftat oder schweren Pflichtverletzung,
  2. Sachverhaltsaufklärung, insb. fristengebundene Anhörung des Arbeitnehmers binnen einer Woche,
  3. Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers und
  4. Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB (Zwei-Wochenfrist).

Vor allem die Ermittlung und Aufklärung des Kündigungssachverhalts, einschließlich der Anhörung des Arbeitnehmers einerseits und die sorgfältige Einführung und Darlegung von Indiztatsachen zur Begründung eines dringenden Tatverdachts in den Kündigungsschutzprozess andererseits, sind und bleiben die entscheidenden Stellschrauben in der Praxis. Hier entscheidet sich die (Un-)Wirksamkeit der Verdachtskündigung (vgl. Eylert, NZA-RR 2014, 393).

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