Das BayObLG, das wie sein Vorgänger OLG Bamberg, durchgängig einen restriktiven Kurs gefahren ist, hat sich diesen Vorgaben gebeugt, zugleich aber die Lücken der Entscheidung genutzt (DAR 2021, 104 = VRR 1/2021, 14 = StRR 2/2021, 30 [jew. m. Anm. Niehaus]). Im Übrigen folgen die Obergerichte den Vorgaben des BVerfG, wobei allerdings die Notwendigkeit betont wird, entsprechende Anträge auf Einsicht nicht erst in der Hauptverhandlung, sondern bereits bei der Verwaltungsbehörde zu stellen und dabei deren Weigerung im Verfahren nach § 62 OWi dagegen vorzugehen (KG NZV 2021, 379 m. Anm. Krenberger, Beschl. v. 20.4.2021 – 3 Ws (B) 84/21 – 162 Ss 26/21, juris; OLG Brandenburg VRR 4/2021, 17 m. Anm. Niehaus). Das Einsichtsrecht umfasst auch die sog. Lebensakte des Messgeräts (OLG Zweibrücken DAR 2021, 402 = zfs 2021, 353) und gilt auch entsprechend bei Abstandsmessungen (LG Würzburg DAR 2021, 221). Auch ein Public Key zum Sichten der Unterlagen ist zur Verfügung zu stellen (AG Zweibrücken DAR 2021, 408; AG Bergisch-Gladbach DAR 2021 465 [Ls.]).

Das BVerfG hat in seiner ersten Entscheidung erklärt, das Einsichtsrecht werde durch schützenswerte Interessen Dritter begrenzt. Hierdurch wurde die Möglichkeit eröffnet, die Herausgabe von Daten der gesamten Messreihe zu verweigern. Gleichwohl hat das OLG Jena (VRS 140, 33 = VRR 5/2021, 19 m. Anm. Niehaus = NZV 2021, 331 m. Anm. Krenberger; ebenso OLG Stuttgart VRR 9/2021, 25 m. Anm. Deutscher) dem Betroffenen eine Anspruch auf die am Tattag an der ihn betreffenden Messstelle generierten Falldateien anderer Verkehrsteilnehmer zugebilligt, weil die geforderten Informationen in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem ihm angelasteten Geschwindigkeitsverstoß stehen und aus Sicht des Betroffenen für die Beurteilung der Erfolgsaussichten seiner Verteidigung bedeutsam sein können. Das sieht das OLG Zweibrücken (DAR 2021, 399 = zfs 2021, 349 = VRR 7/2021, 22 m. Anm. Niehaus) anders und hat dem BGH diese Frage zur Entscheidung vorgelegt. Die Verwertbarkeit der Ergebnisse eines standardisierten Messverfahrens soll nicht von dessen nachträglicher Überprüfbarkeit anhand von aufzuzeichnenden, zu speichernden und an den Betroffenen auf Verlangen herauszugebenden Rohmessdaten abhängig sein (OLG Karlsruhe zfs 2021, 472 m. Anm. Krenberger).

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