Die wirtschaftliche Lage der Anwaltschaft aufgrund der derzeitigen Pandemie hat sich keineswegs entspannt. Dies hat die im September durchgeführte zweite Umfrage der Bundesrechtsanwaltskammer über die Auswirkungen der Corona-Krise bei Anwälten ergeben (zu den Ergebnissen der ersten Umfrage im April vgl. Anwaltsmagazin ZAP 10/2020, S. 500 f.).

Der Trend, der sich bereits anlässlich der ersten Umfrage im Frühjahr abzeichnete, hat sich demnach fortgesetzt. Wie sich zeigte, hat die Anwaltschaft außerhalb des harten Lockdowns zwar etwas weniger Mandatsrückgänge zu verzeichnen. Dennoch ist derzeit immer noch rund die Hälfte aller rund 5.600 Umfrageteilnehmer von der Krise betroffen. Ein Drittel der an der Umfrage teilnehmenden Anwälte hat seit Pandemie-Beginn mehr Außenstände bei Mandanten, noch immer geben über 20 % an, auf Soforthilfen angewiesen zu sein.

Die Selbsteinschätzung der Kolleginnen und Kollegen, wann sie von einer Überwindung der wirtschaftlichen Auswirkungen ausgehen, zeigt deutlich, dass die Anwaltschaft auch weiterhin mit Engpässen rechnet: Noch immer geht knapp ein Drittel aller Befragten (im April: 36,98 %) davon aus, die wirtschaftlichen Auswirkungen binnen sechs Monaten überwinden zu können, inzwischen meinen sogar 40 % (zuvor nur 23,88 %), erst binnen eines Jahres über die Einbußen hinwegkommen zu können. 16,82 % (zuvor nur 4,35 %) rechnen sogar damit, erst binnen zwei Jahren die Einbußen überwunden zu haben. Über ein Zehntel (12,2 %) der befragten Anwälte geht davon aus, die Krise gar nicht überwinden zu können.

Die Umfrage zeigte auch, dass nicht nur der Zugang zum Recht tangiert war und ist, sondern auch die Justiz in der Krise nicht hinreichend handlungsfähig war. 47,21 % der Befragten gaben an, dass es zu Verfahrensverzögerungen von durchschnittlich mehr als 8 Wochen gekommen sei. 2 % nannten Verzögerungen von bis zu 2 Wochen, 12,32 % von bis zu 4 Wochen, 27,35 % von bis zu 8 Wochen. Die Befragten meldeten die drastischsten Verzögerungen (mehr als 8 Wochen) im Strafrecht (58,14 %), Sozialrecht (56,73 %) [s. dazu aktuell die Kolumne von Geißinger, ZAP 21/2020, S. 1091 f. in dieser Ausgabe; Red.], Straßenverkehrsrecht (52,67 %), Mietrecht (52,41 %), Familienrecht (52,93 %) und Erbrecht (51,53 %). Offenbar hat Corona auch dazu geführt, dass – so jedenfalls 33,45 % aller befragten Anwältinnen und Anwälte – in laufenden Verfahren vermehrt schriftliche Entscheidungen getroffen wurden.

Die Krise habe jedoch auch Positives mit sich gebracht, meldet die BRAK. Laut Umfrage hat sie zu einem Umdenken in der Anwaltschaft geführt, was die Beschleunigung der Digitalisierung und den Ausbau der Dienstleistungsorientierung anbelangt. 22,83 % der Befragten gaben an, bis zu 25 % mehr telefonische Beratungen durchgeführt zu haben. 17,58 % haben sogar bis zu 50 %, 13,69 % bis zu 75 % mehr telefonische Beratungen durchgeführt. 9,89 % haben ausschließlich telefonisch beraten. 16,82 % der Teilnehmer haben zwar nicht verstärkt telefonisch, dafür aber mehr per E-Mail beraten. Nur 19,19 % der teilnehmenden Rechtsanwälte haben die Beratungspraxis infolge von Corona nicht umgestellt.

[Quelle: BRAK]

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