Mit der Thematik des Widerrufsrechts hatte sich der BGH (Urt. v. 10.11.2020 – XI ZR 426/19, ZAP EN-Nr. 90/2021) auch in einem weiteren Fall zu beschäftigen. Der Kläger hatte bei einem Händler einen Gebrauchtwagen zum Preis von 26.600 EUR gekauft. Zur Finanzierung des über die Anzahlung von 24.800 EUR hinausgehenden Kaufpreises und der Versicherungsprämie für einen zugleich abgeschlossenen sogenannten Kaufpreisschutz i.H.v. 763,20 EUR schlossen die Parteien mit Datum vom 7.8.2014 einen Darlehensvertrag über 2.563,20 EUR. Mit einem gebundenen Sollzinssatz von 4,17 % p.a. Zins- und Tilgungsleistungen sollten 48 Monatsraten zu jeweils 58,07 EUR erbracht werden. Die Beklagte (Darlehensgeberin) informierte den Kläger auf der Rückseite des Darlehensvertrages über das Verbraucher-Widerrufsrecht. Mit Schreiben vom 9.8.2017 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Das LG Stuttgart (Urt. v. 21.8.2018 – 25 O 73/18) ging von einem wirksamen Widerruf aus und gab der Feststellungsklage des Klägers weitgehend statt. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hin wies das OLG Stuttgart (Urt. v. 30.7.2019 – 6 U 210/18) die Klage ab und entschied über die Hilfswiderklage sowie die insoweit eingelegte Anschlussberufung des Klägers nicht mehr. Im Laufe des Berufungsverfahrens zahlte der Kläger das Darlehen zurück, woraufhin ihm die Beklagte das Fahrzeug übereignete. Dagegen wendete sich der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. In der mündlichen Revisionsverhandlung hat er zu dem Feststellungsantrag zum landgerichtlichen Urteilsauspruch zu 1) klargestellt, dass sich dieser nur auf die Darlehensratenzahlungen bezieht. Insofern haben die Parteien daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im Übrigen begehrte der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit darin seiner Klage stattgegeben worden war. Der BGH sah die Berufung als unbegründet an. Es könne offenbleiben, ob die Feststellungsklage überhaupt zulässig sei, jedenfalls aber sei sie unbegründet, weil der Kläger aus anderen Gründen, die mit den Voraussetzungen des Rückgewähranspruchs (§ 358 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB) zusammenhängen, jedenfalls derzeit keinen fälligen Anspruch habe. Interessant sind aber die Ausführungen des BGH zur Widerrufsbelehrung, die das Gericht, anders als die Vorinstanz, als unzureichend bewertete.

Der BGH stimmte dem Berufungsgericht zu, dass dem Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrags gem. § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Allerdings habe die Vorinstanz zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB in der hier maßgeblichen – vom 13.6.2014 bis 20.3.2016 geltenden – Fassung resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, ordnungsgemäß erfüllt hat.

In der Widerrufsinformation der Beklagten fehlten entgegen den bei einem mit einem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag nach § 358 BGB – hier von der Beklagten zutreffend mit dem Fahrzeug-Kaufvertrag und dem Beitritt zum Kaufpreisschutz angegeben – anwendbaren Gestaltungshinweisen 2 und 6 die beiden zwingend vorgeschriebenen (Unter-)Überschriften "Besonderheiten bei weiteren Verträgen" sowie die nach Gestaltungshinweis 6g zwingend vorgeschriebene Überschrift "Einwendungen bei verbundenen Verträgen". Damit entspricht die Widerrufsinformation der Beklagten nicht dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. Das Fehlen der (Unter-)Überschriften stelle nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch nicht lediglich ein unbeachtliches Redaktionsversehen dar, das unter Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 5 EGBGB subsumiert werden könnte.

Im vorliegenden Fall geht es zwar um die Widerrufsbelehrung für einen Verbraucherdarlehensvertrag (s. das amtliche Muster in Anlage 7 [zu Artikel 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1] – Muster für eine Widerrufsinformation für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge), allerdings kann das Fehlen von Zwischenüberschriften oder Absätzen (Fließtext) auch bei Widerrufsbelehrungen betreffend Fernabsatz und betreffend Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, zur Unwirksamkeit der Belehrung führen. Insofern sei auf eine frühere Entscheidung des BGH (Urt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 82/10, Rn 16–18) verwiesen. Danach ist eine fernabsatzrechtliche Widerrufsbelehrung dann nicht mehr hinreichend deutlich, wenn die Überschriften der Musterbelehrung entfernt werden. Auch das Entfernen von Absätzen (Entstehen von Fließtext) führt zur Intransparenz (LG Ellwangen, Beschl. v. 7.4.2015 – 10 O 22/15; LG Berlin, Beschl. v. 30.5.2016 – 97 O 67/16; LG Deggendorf, Urt. v. 11.1.2017 – 1 HK O 24716; LG München I, Urt. v. 13.12.2018 – 17 HK O 13946/17).

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