Viel Kritik von Experten erfuhr Mitte September im Rechtsausschuss des Bundestags ein von der Bundesregierung geplantes Gesetz, mit dem der Verbraucherschutz im Inkassorecht verbessert werden soll (vgl. zum Gesetzentwurf Anwaltsmagazin ZAP 10/2020, 504 f.). Die Regierung verspricht sich von der Novelle eine Senkung der Inkassogebühren von rund 20 %. Aber sowohl Verbraucherschützer als auch Rechtsanwälte und die Inkassobranche sehen entweder keine Vorteile in der Neuregelung oder halten sie aus anderen Gründen für nachbesserungswürdig.

Wie es in dem Entwurf heißt, hat sich infolge des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken die Transparenz im Inkassowesen deutlich verbessert. Sehr unbefriedigend stelle sich aber noch immer die Situation bei den geltend gemachten Inkassokosten dar, die im Verhältnis zum Aufwand zumeist als deutlich zu hoch anzusehen seien. Zudem gebe es teilweise noch unnötige Kostendoppelungen und würden mangelnde Rechtskenntnisse der Schuldner ausgenutzt. Hauptsächlich sollen Gebühren so angepasst werden, dass einerseits für die Schuldner keine unnötigen Belastungen entstehen, andererseits aber Inkassodienstleistungen nach wie vor wirtschaftlich erbracht werden können.

Bedenken aus der richterlichen Praxis meldete etwa ein Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Koblenz an. Zwar ziele der Entwurf auf die Verbesserung der Verbraucherrechte, gleichwohl würden auch unberechtigt und ohne sachliche Begründung nichtleistende Unternehmen geschützt. Zudem gehe es nur um die Einziehung berechtigter Forderungen in Form von Inkassodienstleistungen. Wo Forderungen nur behauptet oder unbegründete Forderungen eingezogen werden, greife der Gesetzentwurf ebenso wenig wie dort, wo Inkassodienstleistungen von Personen erbracht werden, die nicht als Inkassodienstleister registriert sind. Es sei zu befürchten, dass der Gesetzentwurf das Entstehen unberechtigter Forderungen fördere.

Eine Vertreterin der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) bedauerte, dass die von ihrer Kammer geäußerten Bedenken und Anregungen in dem Gesetzentwurf nicht berücksichtigt worden seien. Die BRAK sehe die meisten der darin vorgesehenen Regelungen sehr kritisch und stehe ihnen ablehnend gegenüber, sagte sie. Die eklatanten Kürzungen der anwaltlichen Gebühren führen nach Auffassung der BRAK zu einer weiteren massiven Schwächung der Anwaltschaft.

Der Experte vom Verbraucherzentrale Bundesverband meinte, der Regierungsentwurf sei nicht geeignet, die Verbrauchersituation zu verbessern. So würden die Regeln verkompliziert, wodurch es für Verbraucher noch schwieriger sein werde, die Kostenforderungen nachzuvollziehen und sich gegen zu hohe Forderungen zu wehren. Eine Kollegin von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ergänzte, das Ziel von mehr Verbraucherschutz durch Senkung der Verfahrenskosten und die Schaffung von mehr Transparenz für die Schuldner solle offenbar ohne nennenswerte Umsatzeinbußen der Inkassobranche erreicht werden. Dies sei ein offensichtlicher Widerspruch und gehe zulasten der Verbraucher. Weiter kritisierte sie, dass in dem Entwurf an einer Gleichsetzung von Inkasso- und Rechtsanwaltstätigkeiten festgehalten werde. Mit der Beibehaltung der bisherigen Praxis schütze der Entwurf v.a. die Interessen der Inkassobranche.

Ein Experte vom Arbeitskreis InkassoWatch sieht in dem Entwurf ebenfalls mehr Schatten als Licht. Seiner Meinung nach wählt der Entwurf bezüglich der Höhe der Inkassokosten den Weg, die angemessene Reduzierung mithilfe des Kriteriums der zu erwartenden wirtschaftlichen Branchenverluste bestimmen zu wollen. Dies geschehe auf der Basis von Datenmaterial der Inkassoseite, dessen Richtigkeit nicht kritisch genug hinterfragt worden sei. Alles in allem bedürfe es noch erheblicher Anstrengungen, wolle man ein Gesetz schaffen, das den Verbraucherschutz im Inkassorecht wirklich verbessere.

Der Vertreter der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung sprach sich für die Schaffung einer effektiven Inkassoaufsicht mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten aus. Gelinge dies wieder nicht, sei schon jetzt absehbar, dass die "Inkassoindustrie" die sich ergebenden Spielräume erneut in erheblichem Maße extensiv und missbräuchlich ausnutzen werde. Wie die Verbraucherschützer kritisierte auch er, dass es im Regierungsentwurf an Einfachheit, Klarheit und Eindeutigkeit fehle. Dieser werde an entscheidenden Stellen davon geleitet, dass Inkassodienstleistungen nach wie vor wirtschaftlich erbracht werden könnten.

Die Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen wies die Annahme des Gesetzentwurfs zurück, dass die Umsätze der Inkassodienstleister durch die Neuregelung um rund 20 % zurückgehen werden. Selbst bei Zugrundelegung dieser viel zu niedrig angesetzten Prognose wäre die Inkassobranche existenziell bedroht. Außerdem gerate der Gesetzgeber in offensichtliche Wertungswidersprüche zu zeitgleich laufenden Gesetzgebungsverfahren. Die Abgeordneten hätten nun Gelegenheit, berechtigte verbraucherpolitische Ziele des ...

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