Das BVerfG hat in seiner ersten Entscheidung zum Elternunterhalt betont, dass der Gesetzgeber nicht nur dem Elternunterhalt gegenüber dem Kindesunterhalt nachrangiges Gewicht verliehen (§ 1609 BGB), sondern auch den Umfang der Verpflichtung deutlich gegenüber der Pflicht zur Gewährung von Kindesunterhalt eingeschränkt hat (§ 1603 Abs. 1 BGB). Die nachrangige Behandlung des Elternunterhalts entspricht der grundlegend anderen Lebenssituation, in der die Unterhaltspflicht jeweils zum Tragen kommt. Bei der Pflicht zum Elternunterhalt ist dies meist dann der Fall, wenn die Kinder längst eigene Familien gegründet haben, sich Unterhaltsansprüchen ihrer eigenen Kinder und Ehegatten ausgesetzt sehen sowie für sich selbst und für die eigene Altersabsicherung zu sorgen haben. Dazu tritt nun ein Unterhaltsbedarf eines oder beider Elternteile im Alter hinzu, der mit deren Einkommen, insbesondere ihrer Rente, vor allem im Pflegefall nicht abgedeckt werden kann. Dem hat der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er sichergestellt hat, dass dem Kind ein, seinen Lebensumständen entsprechender eigener Unterhalt verbleibt (BVerfG NJW 2005, 1927 = FamRZ 2005, 1051 m. Anm. Klinkhammer FamRZ 2005, 1050).

Die vom Gesetzgeber dem Elternunterhalt zugewiesene, relativ schwache Rechtsposition wird durch die neuere Entwicklung der Gesetzgebung aus jüngerer Zeit noch untermauert. Mit der schrittweisen Reduzierung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Einführung der gesetzlich geförderten privaten Altersvorsorge ("Riester-Rente") hat der Gesetzgeber die Verantwortung jedes Einzelnen hervorgehoben, für seine Alterssicherung neben der gesetzlichen Rentenversicherung selbst rechtzeitig und ausreichend vorzusorgen. Dies muss bei der Bestimmung des einem unterhaltspflichtigen Kind verbleibenden angemessenen Unterhalts Berücksichtigung finden. Insbesondere aber hat der Gesetzgeber mit der Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und durch die §§ 41 ff. SGB XII verdeutlicht, dass die Belastung erwachsener Kinder durch die Pflicht zur Zahlung von Elternunterhalt unter Berücksichtigung ihrer eigenen Lebenssituation in Grenzen gehalten werden soll. Daraus ergeben sich einige Besonderheiten bei der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung von Abzugspositionen.

1. Zusätzliche Altersvorsorge

Auch beim Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige tatsächliche Aufwendungen für seine zusätzliche Altersversorgung i.H.v. 5 % seines Jahresbruttoeinkommens geltend machen (s.o.).

2. Bildung allgemeiner Rücklagen

Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, in welcher Weise die Bildung von Rücklagen durch den Unterhaltspflichtigen akzeptiert werden kann. Beim Unterhalt gegenüber Kindern und Ehegatten gilt der Grundsatz, dass Zahlungen zur Vermögensbildung nicht abgezogen werden können. Dies kann aber beim Elternunterhalt nicht so pauschal gelten. Denn auch der Unterhaltspflichtige ist berechtigt, im Rahmen einer ordentlichen Wirtschaft Rücklagen z.B. für Hausinstandsetzungen und Reparaturen (BGH, Urt. v. 20.10.1999 – XII ZR 297/97, LM BGB § 1361 Nr. 70), für entsprechende Aufwendungen seines Gewerbebetriebs (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl. 2005, Rn 94) Kosten der Ersatzbeschaffung eines Pkw oder von Hausrat, Versicherungsprämien oder für den Familienurlaub zu bilden (OLG Oldenburg, Urt. v. 12.3.1991 – 12 UF 141/90, FamRZ 1991, 1347; LG Münster, Urt. v. 7.5.1993 – 10 S 65/92, FamRZ 1994, 843 ff.; LG Kiel, Urt. v. 15.11.1995 – 5 S 42/95, FamRZ 1996, 753).

Zudem kann auch der Gesichtspunkt der Bedarfssteigerung im Alter nicht unbeachtet bleiben. Auch der Unterhaltspflichtige kann zum Pflegefall werden und hat daher Anlass genug, höhere Rücklagen für seine eigene Alterssicherung zu bilden, um später nicht seine eigenen Kinder in Anspruch nehmen zu müssen. Dabei muss nicht nur eine "Notpflege" sichergestellt werden, sondern es muss Vorsorge getroffen werden für eine angemessene Pflege, die dem bisherigen Lebensstandard entspricht. Ist der Unterhaltspflichtige verheiratet, so sind entsprechende Vorkehrungen auch für den Ehegatten anzuerkennen.

Problematisch werden kann auch der Zeitpunkt, zu dem diese weiteren Aufwendungen und Belastungen begründet werden. Eine besonders sorgfältige Prüfung wird angezeigt sein, wenn die Verbindlichkeiten erst nach Bekanntwerden der Unterhaltsbedürftigkeit des Elternteils entstanden sind. Da die Pflegebedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Elternteils sich oft über längere Zeit abzeichnet, kann durch geschickte Dispositionen Einfluss auf die spätere Unterhaltszahlungspflicht genommen werden.

3. Zusätzliche Aufwendungen

Trägt das unterhaltspflichtige Kind für den im Heim wohnenden unterhaltsberechtigten Elternteil aus freien Stücken zusätzliche Aufwendungen wie Radiogebühren, Geschenke für Pflegepersonal, Wäschepflege, ergänzende Nahrung, Lesestoff, Kosmetika usw., so mindern diese Ausgaben das zur Verfügung stehende Einkommen, auch wenn es sich um Sonderbedarf handelt (OLG Hamm, Urt. v. 2.11.2004 – 3 UF 263/00, NJW 2005, 369 ff.; Hauß...

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