a) Unfallort

Die Rechtsprechung ist in der Frage, wie weit sich der Unfallbeteiligte entfernen darf, ohne tatbestandsmäßig zu handeln, nicht einheitlich. Teilweise sind schon 20 m als zu viel angesehen worden (vgl. OLG Hamm VRS 54, 433; KG DAR 1979, 22), teilweise wurde aber das Entfernen um 250 m noch als zulässig angesehen (vgl. OLG Karlsruhe DAR 1988, 281 = VRS 74, 432). Grundsätzlich wird man als Unfallort den Bereich ansehen können/müssen, in dem der Unfallbeteiligte seine Pflicht, einem Berechtigten seine Unfallbeteiligung zu offenbaren, erfüllen kann, oder in dem – unabhängig davon – eine feststellungsbereite Person unter den gegebenen Umständen einen Wartepflichtigen vermuten und ggf. durch Befragen ermitteln würde (so wohl auch BGH NStZ 2011, 109 = VRR 2011, 28 = StRR 2011, 27; wegen weiterer Rechtsprechungsnachweise s. Burhoff in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Aufl. 2015, § 442). Für ein tatbestandsmäßiges Entfernen i.S.d. § 142 StGB ist also eine Absetzbewegung derart erforderlich, dass der räumliche Zusammenhang zwischen dem Beteiligten und dem Unfallort aufgehoben und seine Verbindung mit dem Unfall nicht mehr ohne weiteres erkennbar ist. Davon ist das LG Arnsberg (VA 2015, 11) bei einer Entfernung von ca. 400–500 m von der eigentlichen Unfallstelle (zutreffend) ausgegangen.

b) Berechtigtes Entfernen

Ein Unfallbeteiligter entfernt sich berechtigt vom Unfallort, wenn er einen Rechtfertigungsgrund, z.B. nach § 34 StGB, hat (vgl. dazu Blum NZV 2011, 378, 379). Dieser Grund greift in den Fällen ein, in denen der Unfallbeteiligte einen Unfallverletzten ins Krankenhaus bringt (grundlegend BGHSt 4, 149; vgl. auch LG Zweibrücken NZV 1998, 172 [Verbringen des Verletzten zu seinem Vater]), wenn der Unfallbeteiligte sich durch das Entfernen einem tätlichen Angriff oder einer Bedrohung durch einen anderen Beteiligten oder Zeugen entzieht (BGH VRS 36, 24; OLG Düsseldorf NJW 1989, 2764) oder wenn er Führer eines sich im Einsatz befindlichen Arzt- oder Feuerwehrfahrzeugs ist (OLG Frankfurt/M. VRS 28, 262; NJW 1967, 2073). Auch eine eigene (massivere) Verletzung, die im Krankenhaus behandelt werden muss/soll, kann das Entfernen ebenso rechtfertigen (so BGH NZV 2014, 543 = zfs 2014, 713 = VA 2015, 10 = StRR 2015, 27 m. Anm. Deutscher; OLG Frankfurt VRS 65, 30; OLG Köln VRS 63, 349, 350; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 142 StGB Rn. 51; LK-Geppert, § 142 Rn. 126).

 

Hinweis:

Das Verlassen der Unfallstelle kann also gerechtfertigt sein, wenn der Unfallbeteiligte eine eigene Verletzung bemerkt, wie z.B. eine stark blutende Hand, und ein Verlassen des Unfallortes zumindest auch zwecks ärztlicher Versorgung der Verletzung erfolgt (BGH a.a.O.).

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