Der Nießbrauch als dingliches Recht ist ein unübertragbares und unvererbliches absolutes Recht (Grüneberg/Herrler, Einf. v. § 1030 BGB, Rn 1). Zwischen dem Eigentümer und dem Nießbraucher entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis. Der Nießbrauch berechtigt in den Grenzen von §§ 1036 Abs. 2, 1037 BGB sämtliche Nutzungen einer belasteten Sache oder eines belasteten Rechts zu ziehen. Belastungsgegenstand können auch Grundstücke sowie grundstücksgleiche Rechte sein.

 

Praxistipp:

Die Bestellung des Nießbrauchrechts kann grds. auch nur an einem ideellen Bruchteil, z.B. einem Miteigentumsanteil, und nicht an der ganzen Sache erfolgen, sog. Bruchteilnießbrauch. Selbst der Alleineigentümer kann sich i.R.d. vorgenommenen Erbfolge nur an einem Bruchteil einen Nießbrauch vorbehalten. Davon abzugrenzen ist der sog. Quotennießbrauch. Das Nießbrauchrecht wird sich hier an der gesamten Sache vorbehalten. Der Nießbraucher darf die Sache aber nur gem. seiner vereinbarten Quote benutzen (Kappler/Kappler, Die vorweggenommene Erbfolge, Rn 340).

Der Nießbrauch umfasst die wesentlichen (§§ 93, 94 BGB) als auch die nicht wesentlichen Bestandteile einer Sache. Scheinbestandteile nach § 95 BGB werden hingegen nicht erfasst (Grüneberg/Herrler, § 1030 BGB, Rn 2). Dies hat bei einem Nießbrauchrecht an Grundstücken zur Folge, dass Grundstücksflächen vom Nießbrauch ausgenommen werden können. Einzelne Teile eines Gebäudes, z.B. einzelne Stockwerke oder Räume, können hingegen nicht ausgenommen werden (Kappler/Kappler, a.a.O., Rn 337). Entsprechend hat der BGH entschieden:

Zitat

„Die Beschränkung des Nutzungsziehungsrechts des Nießbrauchers auf einzelne Teile des Gebäudes (z.B. Mietwohnungen) ist bei dem Nießbrauch an einem bebauten Grundstück unzulässig.” (BGH, Urt. v. 27.1.2006 – V ZR 243/04, NJW 2006, 1881)

a) Nutzungen und Mieterträge

Nutzungen sind nach § 100 BGB die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Insoweit kann der Nießbraucher die Sache vermieten oder verpachten und den Mietzins vereinnahmen. Soweit er den vermieteten Grundbesitz als Eigentümer unter Nießbrauchvorbehalt für sich veräußert, bleibt er Vermieter und die Mietzinszahlungen sind an ihn zu leisten (BGH, Urt. v. 7.9.2005 – VIII ZR 24/05, NJW 2006, 51). Die Berechtigung, die Sache als Nießbraucher zu vermieten oder zu verpachten, kann durch den Ausschluss einzelner Nutzungen beschränkt werden (vgl. § 1030 Abs. 2 BGB).

 

Praxishinweis:

Stehen dem Nießbraucher die Einnahmen aus der Vermietung zu, werden sie ihm auch steuerlich zugerechnet, wodurch sich bei der Beratung empfiehlt, einen Steuerberater hinzuziehen.

Wie bereits beschrieben, ermöglicht der Nießbrauch dem Nießbraucher ein umfassendes Nutzungsrecht. Innerhalb dieses Rechts ist der Nießbraucher aber nicht berechtigt, die mit dem Nießbrauch belastete Sache zu veräußern oder zu belasten. Eine solche Berechtigung kann allenfalls aus einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit dem Eigentümer folgen (Grüneberg/Herrler, § 1030 BGB, Rn 7 m.w.N.). Der Nießbraucher hat bei der Ausübung seines Nutzungsrechts die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu verfahren (vgl. § 1036 Abs. 2 BGB). Diese Vorschrift kann nicht mit dinglicher Wirkung abbedungen werden (KG, Beschl. v. 11.4.2006 – 1 W 609/03, DNotZ 2006, 470). Schuldrechtlich können dem Nießbraucher Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden.

b) Unterhaltungspflicht und Lastentragung

Gemäß § 1041 Abs. 1 BGB hat der Nießbraucher für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Wirtschaftlicher Bestand ist der Zustand der Sache, wie er sich in der Verfolgung ihrer wirtschaftlichen Bestimmung unter Beachtung der Regeln ordnungsgemäßer Wirtschaft ergibt (Grüneberg/Herrler, § 1041 BGB, Rn 2). Wie bei § 1036 Abs. 2 BGB kann diese Regelung nur schuldrechtlich nicht aber mit dinglicher Wirkung abbedungen werden (KG, DNotZ 2006, 470).

Gemäß § 1041 Abs. 2 BGB ist der Nießbraucher zu Ausbesserungen und Erneuerungen nur insoweit verpflichtet, wie sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache dienen. Gewöhnlich sind Maßnahmen, die bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung regelmäßig in kürzeren Abständen wiederkehrend zu erwarten sind (Grüneberg/Herrler, § 1041 BGB, Rn 3). Zu außergewöhnlichen Unterhaltungsmaßnahmen sind weder der Nießbrauchberechtigte noch der Eigentümer verpflichtet. Diesbezüglich trifft den Nießbraucher grds. gem. § 1042 BGB eine Anzeigepflicht sowie gem. § 1043 BGB eine Vornahmeberechtigung. Durch eine Vereinbarung mit dem Eigentümer kann ihm mit dinglicher Wirkung die Pflicht zur Vornahme außergewöhnlicher Erhaltungskosten auferlegt werden (OLG Bremen, Beschl. v. 17.6.2020 – 3 W 15/20, BeckRS 15142).

Schließlich hat der Nießbraucher die auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten sowie die privaten Lasten, die zum Zeitpunkt der Bestellung des Nießbrauchs bestanden, zu tragen. Bei der Verteilung der Lastentragung sind die Parteien frei. Die Pflicht zur Lastentragung kann mit dingli...

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