Sowohl nach dem amtlichen Muster der Widerrufsbelehrung als auch nach der Auffassung der Wettbewerbsgerichte ist die Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung (nicht aber im Muster-Widerrufsformular) anzugeben. Das Fehlen der Telefonnummer ist ein Wettbewerbsverstoß. Dieser wird auch stets als erheblich angesehen, weil die fernabsatzrechtlichen Vorschriften auf EU-Recht beruhen. Das OLG Schleswig (Urt. v. 10.1.2019 – 6 U 37/17) hat das zuletzt erneut bekräftigt. Die dortige Beklagte vertrieb über das Internet u.a. Telekommunikationsdienstleistungen. Sie verwendete dabei das gesetzlich angebotene Muster der Widerrufsbelehrung, um den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu informieren. In der Muster-Widerrufsbelehrung gab sie ihre Telefonnummer nicht an, obwohl sie über geschäftliche Telefonnummern verfügt, die eigens für den Kontakt mit bereits vorhandenen Kunden eingerichtet worden waren. Das LG Kiel hatte die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das OLG Schleswig hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und das landgerichtliche Urteil bestätigt. Das Gericht wies darauf hin, dass der Gesetzgeber zum Ausfüllen der Widerrufsbelehrung einen (amtlichen) Gestaltungshinweis formuliert hat. Danach soll der Unternehmer seinen Namen, seine Anschrift und, soweit verfügbar, seine Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse angeben. Da der Widerruf nicht nur in Textform, sondern auch telefonisch oder mündlich erklärt werden kann, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Telefonnummer jedenfalls dann mitteilen, wenn er diese Telefonnummer auch sonst nutzt, um mit seinen Kunden in Kontakt zu treten. Da das OLG Düsseldorf (Urt. v. 18.2.2016 – 15 U 54/15) jedoch eine andere Sichtweise als u.a. das OLG Schleswig vertreten hatte, war durch das OLG Hamm (Urt. v. 10.8.2017 – 4 U 101/15) die Revision zum BGH zugelassen worden. Der BGH (Beschl. v. 7.3.2019 – I ZR 169/17) legte dem EuGH nun folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

  • Ist eine Telefonnummer i.S.d. Gestaltungshinweises zur Musterwiderrufsbelehrung gem. Anhang I. Teil A der Richtlinie 2011/83/EU "verfügbar", wenn der Unternehmer die Telefonnummer im Rahmen des Impressums nennt oder auf der Startseite seines Internetauftritts klar und deutlich darstellt?
  • Ist eine Telefonnummer i.S.d. Gestaltungshinweises zur Musterwiderrufsbelehrung gem. Anhang I Teil A der Richtlinie 2011/83/EU "verfügbar", wenn der Unternehmer den Telefonanschluss zwar geschäftlich nutzt, aber nicht für den Abschluss von Fernabsatzverträgen verwendet und daher auch nicht zur Rückabwicklung von Fernabsatzverträgen in Form einer Entgegennahme von Widerrufserklärungen vorhält?

Nach dieser Vorlage hat der EuGH – in einem anderen Verfahren – entschieden (Urt. v. 10.7.2019 – C-649/17), dass Onlinehändler vor Vertragsschluss keine Telefonnummer zur Verfügung stellen müssen, falls ein anderes Kommunikationsmittel zur effizienten Kontaktaufnahme vorgehalten wird. Hiernach ist also die Angabe einer Telefonnummer im Impressum nicht zwingend erforderlich. Es bleibt nun abzuwarten, wie der EuGH vor dem Hintergrund dieser "älteren", ggf. als überraschend zu wertenden Entscheidung auf die "jüngere" Vorlagefrage des BGH antworten wird.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge