(OLG München, Urt. v. 9.6.2021 – 7 U 4638/15) • Ein Testament kann nach dem BGB nicht errichten, wer infolge einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Die Diagnosestellung einer krankhaften Störung (hier: Vorliegen einer chronischen paranoiden Schizophrenie) ist ausnahmsweise auch post mortem möglich, wenn für den Sachverständigen ein ungewöhnlich reichhaltiges, authentisches Material für die Begutachtung zur Verfügung steht. Hinweis: Nach der hier vom OLG München vertretenen Auffassung kommt es außerdem nicht darauf an, ob der Erblasser gute Gründe gehabt hatte, seinen Sohn zu enterben. Aus Sicht des OLG kommt es vielmehr allein darauf an, dass der Erblasser hier im Zeitpunkt der Testamentserrichtung krankheitsbedingt nicht in der Lage war, den Abwägungsprozess des Für und Wider einer Enterbung in freiem Willen zu vollziehen, denn der Willensbildungsprozess des Erblassers erfolgte nach Worten des OLG hier nicht unbeeinflusst von seinen wahnhaften Vorstellungen bezüglich seines Sohnes (vgl. etwa BayObLG, Beschl. v. 17.8.2004 – 1Z BR 53/04). Dass das Ergebnis des Willensbildungsprozesses in gesundem Zustand möglicherweise dasselbe gewesen wäre, ändert nach Ansicht des OLG an der Unwirksamkeit des Testaments nichts.

ZAP EN-Nr. 452/2021

ZAP F. 1, S. 790–790

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