Nach nahezu allgemeiner Meinung (vgl. BGH, FamRZ 2017, 532; OLG Saarbrücken, FamRZ 2021, 39 = FuR 2021, 205; OLG Dresden, FamRZ 2021, 691) ist die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells dem Umgangsrecht zuzuordnen und kann auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden. Andererseits kann ein von den Eltern praktiziertes Wechselmodell durch eine Umgangsregelung ersetzt werden. Dies setzt nicht zwingend eine vorherige Klärung des Lebensmittelpunkts des Kindes in einem sorgerechtlichen Verfahren voraus (OLG Frankfurt, FamRZ 2021, 948).

  • Das OLG Brandenburg (FamRZ 2021, 34 m. Anm. Hammer) listet die Bedingungen auf, die an die hoheitliche Anordnung des Wechselmodells zu stellen sind: Hinreichende, ungefähr gleiche Erziehungskompetenzen beider Eltern, sichere Bindungen des Kindes zu beiden Eltern, gleiche Beiträge beider Eltern zur Entwicklungsförderung und Kontinuitätssicherung, autonom gebildeter, stetiger Kindeswille, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit beider Eltern zur Bewältigung des erhöhten Abstimmungs- und Kooperationsbedarfs und keine Erwartung oder Verschärfung eines Loyalitätskonflikts des Kindes durch die Konfliktbelastung der Eltern. Die Anordnung eines Wechselmodells bei einem hochstrittigen, das Kind belastenden Elternkonflikt, entspricht nicht dem Kindeswohl.
  • Auch das OLG Karlsruhe (FamRZ 2021, 688 = MDR 2021, 262 m. Bearb. Viefhues) stellt heraus, dass ein Wechselmodell aufseiten des Kindes nur in Betracht zu ziehen ist, wenn eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen besteht. Wesentlicher Aspekt ist zudem, vor allem bei Kindern im Jugendalter, der vom Kind geäußerte Wille.
  • Ebenfalls betont das KG (2021, 609 m. Anm. Kischkel = NJW 2021, 867), dass die Anordnung eines Umgangs im Wechselmodell ausgeschlossen ist, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, die zwischen ihnen bestehenden Konflikte einzudämmen und sich bei ihrem Handeln allein von den Bedürfnissen des gemeinsamen Kindes leiten zu lassen sondern egoistische Motive verfolgen. Eine von den Eltern vereinbarte individuelle Regelung zum Umgang mit dem Kind trägt jedoch regelmäßig die Vermutung in sich, mit dem Kindeswohl am besten im Einklang zu stehen. Die gemeinsam getroffene Elternentscheidung indiziert die Gewährleistung des Kindeswohls und deshalb kann einer gerichtlichen Entscheidung in einer Umgangssache die von den Eltern erzielte Einigung grds. zugrunde gelegt werden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge