Ein großzügiges Gebäude, ein imposantes Büro, ein wuchtiger Schreibtisch aus massivem Holz vor einer Regalwand mit Kommentaren, Lehrbüchern und gebundenen Zeitschriften sowie ein seriös gekleideter Anwalt im gesetzten Alter mit grauen Schläfen oder wahlweise eine Anwältin im Business-Outfit – so oder zumindest so ähnlich sah lange Zeit das Bild eines Vertreters des Rechtsanwaltsberufs aus. Und sicherlich gibt es das nach wie vor, allerdings existieren heutzutage daneben auch noch diverse andere "Erscheinungsformen". Und nur, weil ein Anwalt oder eine Anwältin der vorgenannten Vorstellung nicht entspricht, bedeutet das nicht, dass er oder sie keine gute Arbeit leistet. Im Gegenteil: Es gibt zahlreiche Beispiele von hoch-spezialisierten Kolleginnen und Kollegen, die in ganz unterschiedlichen Rechtsgebieten tätig sind und gerade deshalb so erfolgreich sind, weil sie aufgrund ihrer Tätigkeit bzw. ihres Auftretens eben nicht dem "klassischen" Anwaltsbild entsprechen. Das reicht vom zum Kanzleifahrzeug umfunktionierten alten Polizei-Gruppenkraftwagen der Kanzlei Hoenig in Berlin ( www.kanzlei-hoenig.de) über die "Autobahnkanzlei" von Rechtsanwalt Peter Möller ( www.autobahnkanzlei.de) bis hin zur auf Musikrecht spezialisierten Kanzlei Kleymann, Karpenstein & Partner mbB Rechtsanwälte ( www.metal-anwalt.de) sowie Rechtsanwalt Marko Dörre, der sich selbst als "Pornoanwalt" bezeichnet ( www.pornoanwalt.de ). Ganz zu schweigen von Exoten, wie der Kanzlei für Luftrecht des Kollegen Frank Dörner ( www.air-law.de) oder den auf Luft- und Weltraumrecht spezialisierten Rechtsanwälten Baumann, Heinrich, Ortner ( www.bho-legal.com ). Und natürlich versucht die Juristerei auch mit dem technischen Fortschrift mitzuhalten, so dass es in den Bereichen Start-ups, Legal Tech, Blockchain, 3D-Druck, Augmented Reality, Kryptowährungen oder auch künstliche Intelligenz (KI) mittlerweile einige Experten gibt, die hier sämtlich aufzuzählen den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde.

Um den Kreis zum eingangs skizzierten Anwaltsbild zu schließen: Die Vorstellungen darüber, wie Anwälte und Anwältinnen bzw. ihre Kanzleien oder auch ihre Arbeitsweise auszusehen haben, mögen sich mitunter stark unterscheiden. Das eine muss das andere auch nicht unbedingt ausschließen. Will sagen: Ein Spezialist im Bereich "KI" kann im Maßanzug daherkommen, auch wenn man ihm vielleicht eher einen "Schlabberlook" mit zerrissenen Jeans, Sneakers und Hoodie zutrauen würde. Oder anders formuliert: Nur weil ein Kollege oder eine Kollegin nicht Anzug und Krawatte bzw. Rock und Bluse als seine/ihre bevorzugte Arbeitskleidung wählt, muss er oder sie nicht deshalb schlechte Arbeit abliefern. Der Rechtsanwaltsberuf hat sich verändert, die Mandanten und ihre Erwartungen ebenso. Ob das daran liegt, dass wir nun einmal im 21. Jahrhundert leben und insb. die technologische Entwicklung rasend schnell voranschreitet, oder an TV-Serien, wie "Liebling Kreuzberg", "Danni Lowinski" oder "Suits" – der Rechtsanwaltstypus von vor 20 oder 30 Jahren war schlichtweg ein anderer als heutzutage. Damit soll weder das eine noch das andere in irgendeiner Art und Weise bewertet werden. Es ist lediglich festzustellen, dass auch die Rechtsberatungsbranche nicht in einer "Luftblasse" schwebt, sondern sich genauso ändert wie andere Branchen und Berufsgruppen auch. Das zu ignorieren, hilft garantiert nicht weiter. Folglich tut man auch als Angehöriger einer vergleichsweise konservativen Berufsgruppe gut daran, sich an neue Arbeitsweisen, Werbekanäle und Mandantenerwartungen zu gewöhnen und sich darauf einzustellen. Das bedeutet natürlich nicht, dass jetzt jeder Anwalt bzw. jede Anwältin gleich alles über den Haufen werfen muss. Aber es schadet auch nichts, ab und zu mal ein wenig über den gewohnten Tellerrand hinauszublicken. Denn es gilt das alte Sprichwort: "Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen".

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