Nachdem infolge der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht die Anforderungen an eine transparente Vertragsgestaltung merklich gestiegen sind, erweisen sich insbesondere Freiwilligkeitsvorbehalte, etwa im Zusammenhang mit Sonderzahlungen, oftmals als unwirksam (Reinfelder a.a.O., 10; Richter ArbRAktuell 2014, 193; Schäfer öAT 2013, 243; Bauer/von Medem NZA 2012, 894; Lakies ArbRAktuell, 2012, 469; Preis/Sagan NZA 2012, 697 und dies. NZA 2012, 1077). Einen pauschalen vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, wertet der Zehnte Senat des BAG regelmäßig als unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers, weshalb eine entsprechende Regelung gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist (vgl. Schaub/Linck, ArbR-Hdb., 15. Aufl., § 35 Rn. 67; BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NZA 2013, 1013).

Entsprechende Vorbehalte zielen darauf ab, die Entstehung eines Anspruchs auf die unter Vorbehalt gestellte Leistung zu verhindern. Der Arbeitgeber will sich die Entscheidung über eine künftige Leistungsgewährung offen halten (vgl. Bauer/Heimann NZA-Beilage 2014, 114, 115; Reinfelder a.a.O., 10, 12 f.).

Bei der rechtlichen Kontrolle von Freiwilligkeitsvorbehalten rückt die transparente, in sich widerspruchsfreie und damit für den Arbeitnehmer verständliche Vertragsgestaltung in den Blickpunkt (BAG v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40). Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB vor. Eine solche Situation liegt bei der Kombination eines Freiwilligkeits- mit einem Widerrufsvorbehalt regelmäßig vor. Somit ist die in Arbeitsverträgen weit verbreitete Klausel, wonach sonstige im Vertrag nicht vereinbarte Leistungen "freiwillig und jederzeit widerruflich" sind, infolge Intransparenz unwirksam (Bauer/Heimann a.a.O., 114, 115). Der Begriff des Widerrufsvorbehalts hat eine bestimmte arbeitsrechtliche Bedeutung. Nutzt der Verwender von AGB einen solchen Begriff, darf sein Vertragspartner diesem eine entsprechende Bedeutung zumessen. Im Widerrufsvorbehalt liegt damit nicht nur eine "Verstärkung" des Freiwilligkeitsvorbehalts. Bei der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt wird vielmehr schon nach dem Vertragstext auch für den um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich, ob nun jegliche zukünftige Bindung ausgeschlossen oder lediglich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich später wieder von einer vertraglichen Bindung loszusagen. Erfolgen dann noch mehrfache Zahlungen einer bestimmten Leistung ohne weitere Vorbehalte, so ist erst recht nicht mehr erkennbar, ob ein Rechtsbindungswille für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll (BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, Rn. 25, NZA 2012, 81).

Eine arbeitsvertragliche Formulierung ("Freiwilligkeitsvorbehalt in Bezug auf Sondervergütungen"), die im Widerspruch zu einer anderen arbeitsvertraglichen Formulierung steht ("Weihnachtsgeld wird gewährt"), ist weder klar noch verständlich i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und unwirksam (BAG v. 20.2.2013 – 10 AZR 177/12, NZA 2013, 1015). Es ist mit Blick auf § 305c Abs. 2 BGB – Zweifel bei der Auslegung von AGB gehen zu Lasten des Verwenders – unzureichend, wenn eine Sonderzahlung nur als "freiwillige Leistung" bezeichnet wird (BAG v. 17.4.2013 – 10 AZR 281/12, NZA 2013, 787 "13. Gehalt"; BAG v. 20.2.2013 – 10 AZR 177/12, a.a.O. "freiwillige soziale Leistung/Weihnachtsgeld"; Bauer/Heimann a.a.O., 114, 115). Eine Formulierung im Arbeitsvertrag, nach der vom Arbeitgeber ein Bonus oder eine Gratifikation gezahlt wird oder der Arbeitnehmer eine Bonus oder eine Gratifikation erhält, ist typisch für die Begründung eines Entgeltanspruchs (BAG v. 20.2.2013 – 10 AZR 177/12, Rn. 17, a.a.O.).

Die Anspruchsentstehung muss ausdrücklich ausgeschlossen sein. Dieses Erfordernis sieht der Zehnte Senat bei der Klausel "Auch bei einer mehrmaligen und regelmäßigen Zahlung erwirbt der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch für die Zukunft." als erfüllt an (BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, Rn. 23, NZA 2012, 81).

Ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt darf keine Vergütungsbestandteile erfassen, die laufendes Arbeitsentgelt sind. Es ist demzufolge eine Abgrenzung zwischen einer Sonderzahlung und dem laufenden Arbeitsentgelt erforderlich. Ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, benachteiligt den Arbeitnehmer regelmäßig unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und ist deshalb unwirks...

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