Sowohl Lob als auch Kritik gab seitens der Anwaltschaft zu den vom Bundestag jetzt verabschiedeten Reformen zur BRAO und zum RDG (vgl. dazu vorstehend S. 630). Auf dem diesjährigen Deutschen Anwaltstag (DAT) Anfang Juni 2021 zeigte sich DAV-Präsidentin Edith Kindermann überwiegend zufrieden. Insbesondere die BRAO-Reform sei „das passende Geburtstagsgeschenk zum 150-jährigen Bestehen des DAV”, erklärte Kindermann in ihrer Rede auf dem DAT. Sie sei ein deutlicher Fortschritt in Richtung zeitgemäße Rahmenbedingungen für die anwaltliche Tätigkeit, insb. durch die Liberalisierung der interprofessionellen Zusammenarbeit in Anwaltsgesellschaften und Bürogemeinschaften. Die Öffnung hin zu interdisziplinärem Austausch sei sowohl für die Seite der Beratenden als auch für die Mandantschaft ein echter Mehrwert, so Kindermann. Positiv hervorzuheben sei auch der Verzicht auf die ursprünglich geplante Verschärfung der Interessenkollision bei vertraulichen Informationen.

Etwas zurückhaltender fiel Kindermanns Bewertung zum Legal Tech-Gesetz aus, das sie auf Nachfrage zumindest als „Schritt in eine Richtung” bezeichnete. Bei einem ganzheitlichen Blick auf den Rechtsdienstleistungsmarkt und die Bedürfnisse der Rechtsuchenden werde deutlich, dass es ausdifferenzierterer Regelungen bedürfe, als sie die Reform liefere. Es gehe nicht nur um Legal Tech, weshalb auch die Bezeichnung als „Legal Tech-Gesetz” missverständlich sei. Die DAV-Präsidentin forderte hier noch Nachschärfungen an der Novelle, was nach einer Entschließung des Bundestags aber ohnehin geplant ist.

Deutlich kritischer fiel die Bewertung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zu den Reformen aus. Die Kammer bedauerte insb., dass sich ihre Vorschläge in den Endfassungen der Gesetze nur zum Teil wiederfinden. So sei es u.a. entgegen den Warnungen der BRAK dabei geblieben, dass künftig Rechtsanwälte ihren Beruf mit allen freien – auch nichtverkammerten – Berufen nach § 1 Abs. 2 PartGG ausüben dürfen. André Haug, für das Berufsrecht zuständiger Vizepräsident der BRAK, erklärte dazu: „Das ursprüngliche Verbot der beruflichen Verbindung mit anderen als den in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufen war kein Selbstzweck, sondern diente dem Schutz des rechtsuchenden Bürgers. Der Schutz des Mandanten durch besondere anwaltliche Pflichten und Privilegien sollte nicht dadurch ausgehebelt werden, dass sich Dritte, die diesen Pflichten und Privilegien nicht unterliegen, mit Rechtsanwälten zusammenschließen. Die nun getroffene Regelung ist meines Erachtens nicht hinreichend durchdacht und trägt den Core Values der Anwaltschaft nicht ausreichend Rechnung”. Ebenso kritisch sieht die BRAK, dass künftig ein nichtanwaltlicher Arbeitgeber, der zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt ist, diese Rechtsdienstleistungen auch durch von ihm angestellte Syndikusrechtsanwälte erbringen darf. Ebenso bedauert die BRAK, dass ihre Argumente gegen die – eingeschränkte – Freigabe des Erfolgshonorars für die Anwaltschaft bei den Politikern kein Gehör gefunden haben.

Im Großen und Ganzen ist aber auch die BRAK mit den Reformen zufrieden. „Wir konnten uns zwar nicht in allen Punkten zufriedenstellend durchsetzen, einige wichtige Forderungen wurden jedoch umgesetzt”, erklärte BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels u.a. mit Blick auf das vom Bundestag zuletzt wieder gestrichene Tätigkeitsverbot beim Erhalt vertraulicher Informationen sowie auch auf die in der Endfassung des Gesetzes kassierte Möglichkeit der Prozessfinanzierung durch Rechtsanwälte.

[Quellen: DAV/BRAK]

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