Das Bundesjustizministerium hat im Juni den Referentenentwurf zu einer Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vorgelegt. Damit soll zum einen das im Kern noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Vormundschaftsrecht grundlegend novelliert werden. Zum anderen soll mit dem Vorhaben den Ergebnissen eines in den Jahren 2015 bis 2017 durchgeführten Forschungsvorhabens Rechnung getragen und auch das Betreuungsrecht umfassend überarbeitet werden.

Mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf werden deshalb das Vormundschafts- und das Betreuungsrecht insgesamt neu strukturiert. Die verschiedenen Vormundschaftstypen werden zu einem System zusammengefügt. Im Betreuungsrecht wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleisten und der Betreuer erst zum Zuge kommen soll, wenn es wirklich erforderlich wird. Im Einzelnen sieht der Referentenentwurf vor:

  • Das Vormundschafts- und das Betreuungsrecht werden grundlegend neu strukturiert. Die Vorschriften des geltenden Vormundschaftsrechts zur Vermögenssorge, zur Fürsorge und Aufsicht des Gerichts sowie zum Aufwendungsersatz und zur Vergütung werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und, soweit erforderlich, an das Betreuungsrecht angepasst.
  • Im Vormundschaftsrecht soll der Mündel mit seinen Rechten als Subjekt im Zentrum stehen. Die Erziehungsverantwortung des Vormunds, das Verhältnis von Vormund und der Pflegeperson, die i.d.R. den Mündel im Alltag erzieht, werden ausdrücklich geregelt.
  • Die verschiedenen Vormundschaftstypen werden zu einem Gesamtsystem zusammengefügt, in dem die beruflichen Vormünder einschließlich des Jugendamts als Amtsvormund gleichrangig sind; nur ehrenamtliche Vormünder sind vorrangig zu bestellen.
  • Ein Vormundschaftsverein oder das Jugendamt sollen zunächst vorläufiger Vormund sein, damit ein geeigneter Vormund in Ruhe ausgewählt werden kann.
  • Die Reform der materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts ist auf das zentrale Ziel ausgerichtet, eine konsequent an der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen orientierte Anwendungspraxis zu gestalten, die den Betroffenen im Wege der Unterstützung zur Ausübung seiner rechtlichen Handlungsfähigkeit befähigt.
  • Die zentralen Normen des materiellen Betreuungsrechts zu den Voraussetzungen der Bestellung eines rechtlichen Betreuers, zu den Aufgaben und Pflichten des Betreuers im Verhältnis zum Betreuten und zu dessen Befugnissen im Außenverhältnis werden grundlegend überarbeitet.
  • Hierbei wird insb. klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und der Betreuer das Mittel der Stellvertretung nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist.
  • Der Vorrang der Wünsche des Betreuten wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das Betreuerhandeln, die Eignung des Betreuers und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht, insb. auch bei der Vermögenssorge und i.R.v. Genehmigungsverfahren, gilt.
  • Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des Betreuungsverfahrens besser informiert und stärker eingebunden werden, insb. in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der Betreuerbestellung, in die Auswahl des konkreten Betreuers, aber auch in dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht.
  • Schließlich wird – wie es bereits der Koalitionsvertrag vorsieht – für Ehegatten in medizinischen Notfällen ein gesetzliches Notvertretungsrecht in § 1358 BGB geschaffen.

[Quelle: BMJV]

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