– Neues zur Terminsgebühr; voller Verfahrenswert im Verfahren der einstweiligen Anordnung; Kostenlast des vollmachtlosen Vertreters

I. Terminsgebühr im Verfahren der einstweiligen Anordnung bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung

Unter welchen Voraussetzungen die Terminsgebühr in Zivilverfahren anfällt, regelt Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG. Danach entsteht die Terminsgebühr für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen, aber auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Solche anderen Bestimmungen finden sich in den in Teil 3 VV RVG aufgeführten Gebührenvorschriften. Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG bestimmt, dass die Terminsgebühr auch – also nicht nur unter den in Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG aufgeführten Voraussetzungen – in den dort aufgeführten weiteren Fallgestaltungen anfallen kann. In letzter Zeit haben sich die Gerichte mit dem Anfall der Terminsgebühr bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung befasst.

1. Gebührentatbestand

Nach Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gem. § 307 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.

2. Fall des OLG Brandenburg

Der Entscheidung des OLG Brandenburg (RVGreport 2017, 223 [Hansens] = NZFam 2017, 321) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragstellerin hatte beim AG Potsdam – Familiengericht – den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung von Trennungsunterhalt beantragt. Das Familiengericht (FamG) hat einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Hierauf hat der Antragsgegner den Unterhaltsanspruch anerkannt, woraufhin das FamG den Verhandlungstermin wieder aufgehoben hat. Mit dem antragsgemäß ergangenen Anerkenntnisbeschluss hat das FamG dann dem Antragsgegner die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens auferlegt.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Rechtspfleger antragsgemäß u.a. eine 1,2 Terminsgebühr gegen den Antragsgegner festgesetzt. Mit seiner hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat der Antragsgegner geltend gemacht, in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei gem. § 246 Abs. 2 FamFG eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben, sie habe auch tatsächlich nicht stattgefunden. Die Rechtspflegerin hat hieraufhin der sofortigen Beschwerde abgeholfen und die Terminsgebühr unter Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrags abgesetzt. Mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Abhilfebeschluss hat die Antragstellerin die Wiederherstellung des ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschlusses begehrt. Diese sofortige Beschwerde hatte beim OLG Brandenburg Erfolg.

3. Fall des OLG Oldenburg

Das OLG Oldenburg (RVGreport 2017, 225 [Hansens]) hatte sich in einem Zivilverfahren mit einem vergleichbaren Sachverhalt zu befassen. In jenem Fall hatte der Antragsteller beim LG Oldenburg im Hinblick auf die durch den Antragsgegner begangenen Wettbewerbsverstöße einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Das LG Oldenburg hat die Sache nicht als dringlich angesehen und einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, der auf Antrag des Antragsgegners auf einen späteren Zeitpunkt verlegt wurde. Kurz darauf teilte der Antragsgegner mit, er wolle ein weiteres gerichtliches Verfahren vermeiden und erkenne den geltend gemachten Anspruch an. Hieraufhin hat das LG Oldenburg ein entsprechendes Anerkenntnisurteil erlassen und die Kosten des Verfügungsverfahrens dem Antragsgegner auferlegt. Den angesetzten Verhandlungstermin hat das LG wieder aufgehoben.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Antragsteller neben einer 1,3 Verfahrensgebühr auch eine 1,2 Terminsgebühr geltend gemacht. Den Antrag auf Festsetzung der Terminsgebühr hat der Rechtspfleger des LG Oldenburg zurückgewiesen. Die gegen die Absetzung der Terminsgebühr gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte beim OLG Oldenburg Erfolg.

4. Entscheidung gemäß oder entsprechend § 307 ZPO

Im Fall des OLG Oldenburg war primär das Verfahrensrecht der ZPO anwendbar, da es sich bei dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung um eine Zivilsache gehandelt hat. Im Fall des OLG Brandenburg waren ebenfalls die allgemeinen Vorschriften der ZPO und die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend anwendbar. Bei dem beim AG Potsdam – FamG – anhängig gewesenen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Trennungsunterhalt hat es sich nämlich um eine Familienstreitsache (§ 112 Nr. 1 i.V.m. § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG) gehandelt, in der gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG die vorgenannten Vorschriften der ZPO entsprechend gelten. Damit hatte das AG Potsdam auf Antrag der Antragstellerin entsprechend § 307 ZPO einen Anerkenntnisbeschluss erlassen. Im Fall des OLG Oldenburg hatte das LG Oldenburg entsprechend dem Anerkenntnis des Antragsgegners nach § 307 ZPO ein Anerkenntnisurteil (richtig wohl: einen Anerkenntnisbeschluss) erlassen.

Damit war in beiden Fällen die erste Voraussetzung für den Anfall der Terminsgebühr nach Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG, nämlich eine Entscheidung gem. § 307 ZPO ohne mündliche...

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