Auch (anwaltliche) Verbandsvertreter müssen den elektronischen Rechtsverkehr (ERV) nutzen, wenn sie mit einem Gericht kommunizieren. Das hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt und damit eine bislang umstrittene Rechtsfrage entschieden. Sie können sich auch nicht darauf berufen, dass die Verbände selbst erst ab 2026 der ERV-Nutzungspflicht unterliegen (BAG, Beschl. v. 23.5.2023 – 10 AZB 18/22, ZAP EN-Nr. 394/2023).

In dem Fall, der dem BAG vorlag, war ein Syndikusrechtsanwalt für einen Arbeitgeberverband tätig. Er sollte für eine Arbeitgeberin Berufung einlegen, was er auch tat, allerdings per Fax und später im Original. Die Gegenseite berief sich auf einen Formfehler und rügte die Zulässigkeit der Berufung. Das LAG erteilte zunächst den Hinweis, dass umstritten sei, ob diese Nutzungspflicht auch für (Verbands-)syndikusrechtsanwältinnen und -anwälte gelte, es kam aber selbst zu der Auffassung, diese Frage zu bejahen. Deshalb verwarf es die Berufung als formunwirksam.

Dieser Rechtsansicht des LAG schloss sich das BAG an: Nach § 46c Abs. 1 BRAO würden für Syndikusanwälte grds. dieselben Vorschriften gelten wie für „normale” Anwälte. Daraus folge, dass Syndikusanwälte, die gegenüber einem Gericht tätig würden, zur Nutzung des ERV verpflichtet seien. Dieses Verständnis entspreche auch der Rechtsstellung des Syndikusrechtsanwalts nach der gesetzlichen Neuregelung, der trotz der Anstellung im Unternehmen als Rechtsanwalt gelte. Den abweichenden Meinungen erteilte das BAG eine Absage. Diese argumentieren, dass die Nutzungspflicht auf Fälle der prozessualen Vertretung einer Partei durch den Rechtsanwalt beschränkt sei. Prozessbevollmächtigter sei in dieser Konstellation aber nur der Verband, der Verbandssyndikusrechtsanwalt hingegen nur dessen Organ. Demgegenüber ist das BAG der Auffassung, aus § 46g S. 1 ArbGG ergebe sich nicht, dass nur Prozessbevollmächtigte den ERV aktiv nutzen müssen. Dafür, dass es auf die bloße Rechtsstellung als Anwalt ankomme, spreche – neben der Nennung der Rechtsanwälte – auch die Adressierung von Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die beide nicht tatsächlich handeln könnten, sondern ebenfalls vertreten werden müssten.

Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Verbände selbst erst ab 2026 der ERV-Nutzungspflicht unterlägen. Dies gelte eben nicht für Syndikusanwältinnen und -anwälte. Auch die Tatsache, dass die Vorinstanzen noch nicht auf elektronischem Weg mit dem Anwalt und seiner Mandantin korrespondiert hätten, sei nicht relevant. Für diese Gerichte gelte eben auch eine entsprechende Pflicht (§ 46e Abs. 1a ArbGG) erst ab 2026.

[Quelle: BAG]

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