(LAG Hamm, Beschl. v. 27.9.2022 – 10 Sa 229/22) • Syndikusrechtsanwälte, die für einen als Prozessvertreter der Partei bevollmächtigten Verband nach außen hin erkennbar im Rechtsverkehr als Syndikusrechtsanwälte auftreten, haben bei Ausübung dieser Tätigkeit die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs gem. § 46g ArbGG durch Einsatz des für sie in dieser Eigenschaft persönlich eingerichteten beA. Syndikusrechtsanwälte stellen die einen Schriftsatz zu verantwortende Person i.S.d. § 46c Abs. 3 S. 1 Var. 2 ArbGG dar. Unerheblich ist hierbei, dass Prozessvertreter der Partei der Verband ist, bei dem Erstere angestellt sind. Die Einrichtung eines separaten beA als sicheren Übermittlungswegs durch den Gesetzgeber wäre überflüssig, sofern Syndikusrechtsanwälte für die einzige Tätigkeit, die sie nach außen erbringen dürfen, gar keine „verantwortende Person” i.S.d. § 46c Abs. 3 S. 1 Var. 2 ArbGG darstellen könnten.

ZAP EN-Nr. 711/2022

Anmerkung: In dieser Sache wurde die Revisionsbeschwerde zugelassen, weil es unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, ob ein Syndikusrechtsanwalt eines Arbeitgeberverbandes sein beA für die Tätigkeit des Verbandes nutzen muss.

Im vorliegenden Fall wurde vorab per Telefax und später per Originalschriftsatz Berufung beim LAG Hamm eingelegt. Ein elektronischer Eingang der Berufung auf sicherem Übermittlungsweg per beA erfolgte nicht. Auch die Berufungsbegründung wurde nicht per beA eingereicht.

Zunächst unterbreitete das Gericht den Parteien einen Vergleichsvorschlag und verwies auf die ungeklärte Problematik der aktiven Nutzungspflicht des Elektronischen Rechtsverkehrs für die als Vertreter des Arbeitgeberverbandes auftretenden Syndikusanwälte. Nachdem ein Vergleich nicht zustande kam, wies das LAG darauf hin, dass es zu der Rechtsauffassung neige, eine aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Syndikusrechtsanwälte zu bejahen.

Anders hat das Arbeitsgericht Stuttgart entschieden (Beschl. v. 15.12.2021 – 4 BV 139/21). Es hatte eine durch die Syndikusanwältin per beA eingereichte Antragsrücknahme im Beschlussverfahren für rechtswirksam erachtet und daraufhin das Verfahren eingestellt.

Das LAG Hamm bezieht in seine Überlegungen auch verschiedene nachfolgende Verfahren ein und kommt zu der Auffassung, dass sich der gesetzgeberische Wille ableiten lasse, möglichst zügig und umfassend all diejenigen in den ERV einzubinden, für die ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung steht. Da für den Syndikusanwalt ein beA eingerichtet sei, stehe ihm der sichere Übermittlungsweg offen. Eine Ausnahme seien Assessoren, denen die Möglichkeit der Einrichtung eines beA nicht offensteht, sodass sie diesen Übermittlungsweg nicht nutzen können. Trete ein Syndikusanwalt als solcher nach außen auf, so sei es auch nur folgerichtig, ihn auch den rechtsanwaltlichen Pflichten zu unterwerfen.

 

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