Bereits die letzte Ausgabe des Berufsrechtsreports hatte zur Zulässigkeit sog. Rechtsdokumentengeneratoren berichtet (Deckenbrock/Markworth ZAP 2020, 23 f.), weil das LG Köln (Urt. v. 8.10.2019 – 33 O 35/19) diese als unerlaubte Rechtsdienstleistung qualifizierte. Dies sah das OLG Köln (Urt. v. 19.6.2020 – 6 U 263/19) in der Berufungsinstanz nun zu Recht anders (zustimmend etwa Deckenbrock DB 2020, 1563; Henssler/Flory EWiR 2020, 495, 496; anders dagegen Remmertz BRAK-Mitt. 2020, 264, 266 f.). Denn richtigerweise ist das Angebot eines Verlags, Rechtsdokumente wie Verträge elektronisch zu erstellen, nicht als erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 1 RDG zu qualifizieren. Insoweit ist es entscheidend, dass das Programm lediglich vorformulierte Textbausteine in Abhängigkeit der Eingaben des jeweiligen Nutzers und mithilfe von Entscheidungsbäumen abarbeite. Jedem Nutzer sei bewusst, dass er keinen Rechtsrat erhalte, sondern in eigener Verantwortung einen Lebenssachverhalt in ein vorgegebenes Raster einfüge, während im Hintergrund ein rein schematischer Ja-Nein-Code ausgeführt werde. Auch das (zeitlich vorgelagerte) Programmieren der abstrakten rechtlichen Entscheidungsbäume sei nicht als Rechtsdienstleistung zu werten, weil es sich nicht auf „konkrete” fremde Angelegenheiten beziehe. Der Senat verwies zudem darauf, dass sich der BGH in seiner „wenigermiete.de”-Entscheidung (dazu II. 3.) vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber beabsichtigten Deregulierung und Liberalisierung des Rechtsdienstleistungsmarkts für eine großzügige Betrachtung ausgesprochen habe.

Ob sich diese für Legal-Tech-Inkasso entwickelten Grundsätze wirklich auf den Fall des Rechtsdokumentengerators übertragen lassen, wird sich bald zeigen, hat doch die gegen das Angebot des Verlags vorgehende Rechtsanwaltskammer Revision eingelegt (Az. I ZR 113/20). Abzuwarten ist auch, ob die Subsumtion unter § 2 Abs. 1 RDG zu einem anderen Ergebnis gelangt, sollte irgendwann einmal der Einsatz echter künstlicher Intelligenz bei der „Vertragsgestaltung” denkbar sein. Das Verfahren hat jedenfalls gezeigt, dass Anbieter eines solchen Programms mit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung rechnen müssen, wenn sie in der Werbung suggerieren, dass dieses eine anwaltliche Beratung eins zu eins ersetzen kann.

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