Zunächst muss der Grund für die Kündigung in der Person des Arbeitgebers liegen. Insoweit ist auf die obigen Ausführungen unter II. zu verweisen. Sodann unterliegt eine personenbedingte Kündigung grds. einer dreistufigen Prüfung (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.7.2019 – 15 Sa 2498/18, juris Rn 28).

1. Negative Prognose

Die personenbedingte Kündigung ist keine Sanktion für vergangene Störungen des Arbeitsverhältnisses, sie soll vielmehr zukünftige unzumutbare Belastungen des Arbeitgebers vermeiden. Auf der ersten Stufe kommt es für ihre Rechtfertigung deshalb auf die Frage an, ob der Arbeitnehmer zukünftig seine Arbeitsleistung vollständig erbringen kann. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer personenbedingten Kündigung ist folglich, dass auch in der Zukunft mit Störungen des Arbeitsverhältnisses zu rechnen ist. Ist bereits zum Zeitpunkt der Kündigung zu erwarten, dass der Arbeitnehmer alsbald seine Arbeitsleistung wieder vollständig und vertragsgerecht erbringen kann, fehlt es schon an der erforderlichen Negativprognose.

 

Beispiel:

Ein angestellter Taxi-Fahrer erhält nur ein einmonatiges Fahrverbot.

Muss hingegen aufgrund objektiver Tatsachen im Zeitpunkt der Kündigung davon ausgegangen werden, dass mit einer baldigen (Wieder-)Herstellung der Fähigkeit und Eignung für eine ordnungsgemäße Arbeitsleistung nicht gerechnet werden kann, ist die Prognose negativ.

 

Merke:

Für die Prognose ist der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung maßgeblich.

2. Störung des Arbeitsverhältnisses – erhebliche Beeinträchtigungen betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen des Arbeitgebers

Auf der zweiten Stufe der personenbedingten Kündigung ist zu prüfen, ob aufgrund des möglichen Kündigungssachverhalts zukünftig mit weiteren konkreten Störungen des Arbeitsverhältnisses zu rechnen ist. Demnach muss infolge der personenbedingten Gründe auch für die Zukunft von erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen des Arbeitgebers auszugehen sein. Diese Beeinträchtigungen können sowohl in Betriebsablaufstörungen als auch insb. im Fall der krankheitsbedingten Kündigung in zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten liegen, sofern die Zahlungen einen Umfang von sechs Wochen übersteigen (vgl. BAG, Urt. v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, NZA 2010, 398 ff., Rn 15).

 

Beispiele:

  • zusätzliche Kosten für eine Ersatzkraft,
  • Überlastung der verbleibenden anderen Arbeitnehmer,
  • Maschinenstillstand,
  • Produktionsverlust durch Neuverteilung von Arbeit.

3. Interessenabwägung

Auf der dritten Stufe hat eine Interessenabwägung zu erfolgen. Nach dieser muss die Beeinträchtigung der Belange des Arbeitgebers das Interesse des Arbeitnehmers am Bestand des Arbeitsverhältnisses überwiegen. Dabei ist bei einer personenbedingten Kündigung ein besonders strenger Maßstab anzusetzen, weil den Arbeitnehmer generell kein Verschulden trifft.

Bei der Abwägung können insb.

  • das Alter des Arbeitnehmers,
  • der Familienstand bzw. Unterhaltsverpflichtungen des Arbeitnehmers,
  • eine etwaige Schwerbehinderung des Arbeitnehmers bzw. Gleichstellung,
  • die Dauer des ungestörten Bestands des Arbeitsverhältnisses,
  • die Schwere der Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen

eine Rolle spielen.

Außerdem darf eine anderweitige Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht möglich sein. Nach dem ultima-ratio-Prinzip muss der Arbeitgeber sonstige mildere Mittel erwägen, durch welche die Vertragsstörung behoben werden kann.

Der Arbeitgeber muss prüfen, inwieweit es möglich ist, den Arbeitnehmer zu anderen, ggf. auch schlechteren Arbeitsbedingungen oder nach zumutbaren Fortbildungsmaßnahmen auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Es kommen aber nur solche Beschäftigungsmöglichkeiten in Betracht, die mit der bisherigen Beschäftigung gleichwertig oder geringer bewertet sind. Der Arbeitgeber muss somit keine höherwertigen Tätigkeiten in Erwägung ziehen (BAG, Urt. v. 19.4.2007 – 2 AZR 239/06, NZA 2007, 1041, Rn 23 ff.). Frei ist ein Arbeitsplatz, der zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt ist oder mit Ablauf der Kündigungsfrist frei wird (BAG, Urt. v. 29.3.1990 – 2 AZR 369/89, NZA 1991, 181).

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