Der Deutsche Juristinnenbund (djb) hat sich gegen Kritik an dem steigenden Frauenanteil in der Justiz gewehrt. Konkret bemängeln die Juristinnen die Einschätzung des bekannten Fernsehjournalisten Joachim Wagner, dass die Entwicklung zu einem höheren Frauenanteil bei Richter- und Staatsanwaltschaft negative Auswirkungen auf die Justiz habe. In einem Interview hatte sich Wagner kritisch zur Einstellung von Richterinnen und Staatsanwältinnen geäußert: Durch Schwangerschaften, Elternzeit und hohe Teilzeitquoten verlängerten sich die Dauer der Verfahren, verschärften sich Organisationsprobleme und verschlechterten sich die Erreichbarkeit von Richterinnen für Bürger und Rechtsanwälte. Zudem verliere der Richterberuf durch den wachsenden Frauenanteil an Ansehen in der Gesellschaft und an Attraktivität für Männer.

Demgegenüber kritisieren die Juristinnen, dass keine dieser Behauptungen mit Fakten belegt worden sei. Gäbe es die geschilderten Entwicklungen, wären sie im Übrigen auch nicht den Richterinnen und Staatsanwältinnen, sondern den für die angemessene Personalausstattung zuständigen Ministerien der Länder und des Bundes anzulasten. Schwangerschaften und Elternzeiten seien, so der djb, gesetzlich geregelte Ausfallzeiten, für die der Arbeitgeber mit auskömmlicher Personalausstattung Vorsorge treffen könne und müsse; das sei im öffentlichen Dienst nicht anders als in der Privatwirtschaft. Teilzeitkräfte seien oft besonders effizient, hervorragend organisiert und arbeiteten häufig deutlich mehr, als es ihrem Arbeitsanteil entspreche.

Der Juristinnenbund stellt die provokante Frage, ob Frauen künftig bei der Einstellung durch eine "Männerquote" diskriminiert werden sollten, um schlechter qualifizierten Männern Platz zu machen. Das habe 1986 schon einmal Rudolf Wassermann, damals Präsident des OLG Braunschweig, gefordert. Es sei zu begrüßen, dass viele Länder die früher durchaus übliche Diskriminierung von Frauen durch Einstellung schlechter qualifizierter Männer inzwischen aufgegeben hätten.

Der djb sieht letztlich den Grund für die hohe Einstellungsquote bei Frauen allein im Ergebnis der Anwendung des Leistungsprinzips und der Bestenauslese in der Justiz. Männer mit vergleichbar hervorragenden Examensnoten strebten eher in die Anwaltschaft oder in die Wirtschaft. Dort lägen bereits die Einstiegsgehälter erheblich höher und erreichten schon nach einigen Berufsjahren nicht selten das Vielfache eines Richtergehalts.

[Quelle: djb]

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