Nach allgemeiner Ansicht gibt es bei Drogenfahrten keine absolute Fahruntüchtigkeit. Der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit kann nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Gesicherte Erfahrungswerte, die es erlauben würden, bei Blutwirkstoffkonzentrationen oberhalb eines bestimmten Grenzwertes ohne weiteres auf eine rauschmittelbedingte Fahrunsicherheit zu schließen, bestehen nach wie vor nicht. Hat der Tatrichter konkrete Feststellungen zu einem Fahrfehler zwar nicht getroffen, sind den Urteilsgründen über die nicht unerheblichen Blutwirkstoffkonzentrationen hinaus aber weitere gewichtige Anzeichen für die Fahruntüchtigkeit des Angeklagten zu entnehmen (hier: Konzentrationsstörungen, verlangsamte Koordination, verwaschene Sprache und schläfriger Zustand bei der polizeilichen Kontrolle sowie bei der anschließenden ärztlichen Untersuchung ein auffällig stark gestörtes Zeitempfinden), ist die rauschmittelbedingte ("relative") Fahruntüchtigkeit aber noch hinreichend dargelegt (BGH NZV 2015, 562). Stützt das Tatgericht die Annahme drogenbedingter Fahruntüchtigkeit neben der hohen Wirkstoffkonzentration auf mehrere weitere aussagekräftige Beweisanzeichen in der Anhaltesituation (hier: keine Pupillenreaktion bei Veränderung der Lichtverhältnisse, deutliches Schwanken nach dem Aussteigen, unsicherer, staksiger und wackliger Gang, verzögertes Antwortverhalten), so ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Weitergehender Feststellungen zur konkreten Beeinträchtigung der Sehfähigkeit und zu deren konkreten Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit bedarf es in einem solchen Fall nicht (OLG Saarbrücken NZV 2016, 97). Die falsche Einschätzung einer Verkehrssituation ist hingegen für sich allein keine Ausfallerscheinung, die als Indiz für eine alkoholbedingte relative Fahruntauglichkeit genügt (OLG Naumburg StRR 2015, 434 = VRR 11/2015, 11 [jew. Burhoff]).

 

Literaturhinweise:

Näher zur drogenbedingten Fahruntüchtigkeit Deutscher StRR 2015, 367. Zum Vorsatz bei Alkoholfahrten König DAR 2015, 737. Zur freiwilligen Einwilligung des betrunkenen Beschuldigten in die Blutprobenentnahme Priemer/Gutt/Krumm DAR 2016, 169.

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