Zusammenfassung

 
Begriff

Die Zahlungsunfähigkeit eines Wohnungseigentümers stellt sich für die Verwaltung bzw. die Wohnungseigentümergemeinschaft oft erst heraus, wenn ein Hausgeldtitel vorliegt und sich als nicht vollstreckbar erweist. Die Gemeinschaft hat dann nicht nur das Problem, dass sie ihre Rückstände nicht realisieren kann, sondern sie muss für das Wohnungseigentum ihres in Vermögensverfall geratenen Mitglieds auch noch laufend Kosten finanzieren, ohne mit einer Kostenerstattung ernsthaft rechnen zu können.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen finden sich im Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG).

BGH, Urteil v. 10.12.2010, V ZR 60/10: Ein Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist, kann deswegen nicht von der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen werden; ihm kann auch nicht das Stimmrecht entzogen werden.

 
Die häufigsten Fallen
  • Für frühzeitige Titulierung der Zahlungsrückstände sorgen

    Zahlungsrückstände sollten stets zeitnah tituliert werden, da nur ein Titel, also insbesondere Urteil, zur Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen berechtigt.

    Keine Betragsbegrenzung für Zwangsversteigerung

    Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 existiert durch Aufhebung von § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG keine Mindestbetragshöhe mehr, sodass die Zwangsversteigerung aus jedem Zahlungstitel betrieben werden kann.

    Kein Versammlungsausschluss

    Ein Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist, kann deswegen nicht von der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen werden. Ihm kann auch nicht das Stimmrecht entzogen werden.

1 Rechtliche Konsequenzen

Die Rückstände bleiben als Forderungen gegenüber dem zahlungsunfähigen Eigentümer bestehen. Soweit sie jedoch nicht durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen realisiert werden können, müssen sie auf die übrigen Eigentümer umgelegt werden.

 
Praxis-Tipp

Hausgeldforderungen umlegen

Für die Verwaltung empfiehlt sich, rückständige Hausgeldforderungen jährlich auf die Miteigentümer umzulegen.

Geschieht dies nicht, so sollte die Umlage jedenfalls dann, wenn sich ein Wohnungseigentümer als zahlungsunfähig erweist, unverzüglich erfolgen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass ein später in die Gemeinschaft eintretender Eigentümer gegenüber der Verwaltung den Vorwurf erhebt, sie habe die Hausgeldrückstände nicht rechtzeitig auf den Eigentümer einschließlich seines Rechtsvorgängers umgelegt. Er könnte hieraus Schadenersatzforderungen gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ableiten. Für den Fall, dass man weiterhin annimmt, beim Verwaltervertrag handele es sich um einen mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer, könnte der Verwalter selbst in Regress genommen werden.

Die laufenden Kosten, welche bezogen auf die Wohnung des zahlungsunfähigen Wohnungseigentümers entstehen, müssen von den Eigentümern getragen werden. Auch sie sind am Ende des Jahres auf alle übrigen Wohnungseigentümer umzulegen.

 
Praxis-Tipp

Zahlungstitel

Dessen ungeachtet sollten die Forderungen unbedingt tituliert werden, da nur Zahlungstitel zur Einleitung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung, insbesondere der Zwangsversteigerung, berechtigten. Des Weiteren bleiben sie über einen Zeitraum von 30 Jahren vollstreckbar. Auf eine Titulierung kann ausnahmsweise dann verzichtet werden, wenn ihre Realisierung im Wege der Zwangsvollstreckung auch in späterer Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann und der Wohnungseigentümer nicht mehr Mitglied der Eigentümergemeinschaft ist.

2 Erfolgsaussichten weiterer Zwangsmaßnahmen

Aus den Hausgeldtiteln kann sowohl die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums als auch die Zwangsverwaltung eingeleitet werden.

2.1 Zwangsverwaltung

Die Einleitung eines Zwangsverwaltungsverfahrens bringt den Vorteil, dass der Zwangsverwalter das Hausgeld an die Gemeinschaft zahlen muss. Kann der Zwangsverwalter diese Hausgeldzahlungen nicht durch Mieteinnahmen finanzieren, muss der die Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger Vorschüsse an den Zwangsverwalter leisten. Dieser zahlt in einem solchen Fall aus den Vorschüssen die fälligen Hausgelder an die Gemeinschaft bzw. ihren Verwalter. Ist die Eigentümergemeinschaft die das Zwangsverwaltungsverfahren betreibende Gläubigerin, finanziert sie selbst die fälligen Hausgelder des zahlungsunfähigen Eigentümers.

 
Hinweis

Erstattung der Vorschüsse

Diese Art der Finanzierung ist sinnvoll, wenn gleichzeitig ein Zwangsversteigerungsverfahren läuft. Bei der Verteilung des Versteigerungserlöses erhält die Eigentümergemeinschaft nämlich ihre Vorschüsse an den Zwangsverwalter vorrangig erstattet ( § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG). Auf diese Weise lassen sich oft jedenfalls die laufenden Kosten, welche für die Wohnung des zahlungsunfähigen Eigentümers entstehen, realisieren.

2.2 Zwangsversteigerung

Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 existiert durch Aufhebung von § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG keine Mindestbetragshöhe mehr, sodass die Zwangsversteigerung aus jedem Zahlungstitel betrieben werden kann. Nach altem Re...

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