Rdn 4173

 

Literaturhinweise:

Geppert, Notwendigkeit und rechtliche Grenzen der "informatorischen Befragung" im Strafverfahren, in: Festschrift für Dietrich Oehler, 1985, S. 323

Haubrich, Informatorische Befragung von Beschuldigten und Zeugen, NJW 1981, 803

Krause, Die informatorische Befragung, Polizei 1978, 305

ter Veen, Die Zulässigkeit der informatorischen Befragung, StV 1983, 293.

 

Rdn 4174

1. Die StPO kennt keine bloß informatorische Befragung eines Zeugen als Ersatz für eine formelle Zeugenvernehmung (BGH MDR 1974, 36 [D]; OLG Celle StV 1995, 292; OLG Köln StV 1999, 8, jew. m.w.N.). Deshalb ist die formlose Vernehmung von Auskunftspersonen über Fragen, die für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch von Bedeutung sind, immer unstatthaft (OLG Celle, a.a.O.). Es kann also z.B. nicht ein Bewährungshelfer über den Verlauf der Bewährungszeit (nur) "informatorisch befragt" werden und dann im Urteil sowohl die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB als auch die Versagung von Bewährung auf die bei dieser Befragung gemachten Angaben gestützt werden (OLG Celle, a.a.O.).

 

Rdn 4175

2. Zulässig ist eine informatorische Befragung allerdings im Wege des → Freibeweisverfahrens, Teil F Rdn 1930.

 

Rdn 4176

Dazu folgende

 

Rechtsprechungsbeispiele:

es soll der Aufenthaltsort eines anderen Zeugen geklärt werden, ohne dass durch die Beantwortung der Fragen eine Verbindung zur Aussage entsteht,
es soll geprüft werden, ob die Vernehmung des Zeugen von Bedeutung ist oder wegen mutmaßlicher Bedeutungslosigkeit auf seine Aussage verzichtet werden kann (OLG Celle StV 1995, 292 m.w.N.; OLG Köln StV 1999, 8),
es handelt sich um formlose Befragungen hinsichtlich einer Augenscheinseinnahme (zur "informatorischen" → Augenscheinseinnahme, Teil A Rdn 435),
durch die informatorische Befragung sollen zunächst nur die Identität des Zeugen oder für die Ausübung eines ZVR erhebliche Fragen geklärt werden (RGSt 22, 54),
es soll festgestellt werden, ob der Zeuge überhaupt etwas von dem zur Erörterung anstehenden Vorgang weiß (BayObLG NJW 1953, 1524; OLG Köln StV 1999, 8).
 

☆ Ist der Verteidiger der Auffassung, dass eine informatorische Vernehmung eines Zeugen unstatthaft ist, muss er ihr gem. § 238 widersprechen und gem. § 238 Abs. 2 einen Gerichtsbeschluss herbeiführen. Es empfiehlt sich auch, nach der Vernehmung des Zeugen dessen Vereidigung zu beantragen . Die Entscheidung über diesen Antrag zwingt das Gericht, die Art der Vernehmung zu klären (s.a. OLG Köln StV 1988, 289; →  Vereidigung eines Zeugen , Teil V Rdn  3259 )."informatorische Vernehmung" eines Zeugen unstatthaft ist, muss er ihr gem. § 238 widersprechen und gem. § 238 Abs. 2 einen Gerichtsbeschluss herbeiführen. Es empfiehlt sich auch, nach der "Vernehmung" des Zeugen dessen Vereidigung zu beantragen. Die Entscheidung über diesen Antrag zwingt das Gericht, die Art der Vernehmung zu klären (s.a. OLG Köln StV 1988, 289; → Vereidigung eines Zeugen, Teil V Rdn 3259).

Ist der Angeklagte im EV "informatorisch" – also ohne vorherige Belehrung – befragt worden, als bereits ein Anfangsverdacht gegen ihn bestand (vgl. z.B. LG Duisburg, Beschl. v. 13.7.2018 – 35 Qs 38/18, zfs 2018, 713 m. Anm. Burhoff StRR 9/2018, 17), muss der Verteidiger, um eine Einführung des Befragungsinhalts zu verhindern, ebenfalls der Beweisverwertung widersprechen und ggf. einen Gerichtsbeschluss herbeiführen (zu BVV aufgrund polizeilicher Belehrungsfehler Burhoff, EV, Rn 3758 ff.).

Siehe auch: → Zeuge, Vernehmung, Allgemeines, Teil Z Rdn 4151 m.w.N.

[Autor] Burhoff/Hirsch

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